Bundesrat Stenographisches Protokoll 634. Sitzung / Seite 72

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Wir sind einen anderen Weg gegangen. Im Außerstreitverfahren haben wir die Untergrenze überhaupt eliminiert, im streitigen Verfahren haben wir sie in Wirklichkeit nicht wertangepaßt und nur wegen der künftigen Eurobezogenheit von 50 000 auf 52 000 S erhöht. Wir sind einen anderen Weg gegangen, wobei wir uns die Erfahrungen mit dem Zulassungsrevisionsmodell zunutze gemacht haben.

Der Oberste Gerichtshof hat in etwa 95 Prozent der von den Gerichten in zweiter Instanz zugelassenen, also ordentlichen, Revisionen dieselbe Meinung vertreten und die Voraussetzungen als gegeben erachtet. – Ein Zeichen dafür, daß die zweite Instanz in der Frage der Zulassung ganz gute Einschätzungen hat. Auch von den außerordentlichen Revisionen hat der Oberste Gerichtshof etwas über 80 Prozent zurückgewiesen, also auch da ist eine hohe Treffsicherheit der Gerichte zweiter Instanz, was die Verneinung der Zulässigkeit der ordentlichen Revision anlangt, festzustellen.

Wir meinen, daß es daher in diesem Bereich möglich sein könnte, eine Einschränkung vorzunehmen und sind zu dem Modell gekommen, daß es zwischen 52 000 S und 260 000 S keine außerordentliche Revision geben soll. Dem gegenüber soll aber doch ein gewisses Rechtschutzinstrument eingezogen werden: den Antrag an die zweite Instanz auf neuerliche Prüfung der Frage, ob eine ordentliche Revision zugelassen wird oder nicht. Das halte ich durchaus nicht nur für eine Farce oder für eine Pflanzerei, wie es im Nationalrat bezeichnet wurde, denn ich glaube, man muß doch zugeben, daß sich aufgrund dieses Antrages zum ersten Mal die Partei mit dem Gericht betreffend die Frage der Zulässigkeit auseinandersetzt. Bis dahin hat man sich nur mit der Sachfrage auseinandergesetzt, nicht aber mit der Frage, ob die Voraussetzungen für eine Revision vorliegen oder nicht. Zum ersten Mal tritt die Partei betreffend diese Frage mit dem Gericht überhaupt in einen Dialog ein.

Zweitens: Ich glaube nicht, daß sich da eine allzu restriktive Haltung der zweiten Instanz ergeben wird, ist sie doch künftig in dieser Frage die letzte Instanz. Und es ist allemal etwas anders zu sagen, ich bin der Meinung, es liegen die Voraussetzungen für eine ordentliche Revision nicht vor, wenn ich weiß, die Partei kann ohnehin mit einer außerordentlichen Revision zum Obersten gehen, als jetzt wirklich als Letzter zu sagen, nein, ich schneide dir den Weg ab. Dazu kommt, daß gerade nach einer Konfrontation mit den in der Antragstellung ausgeführten Gründen, die für eine ordentliche Revision sprechen würden, die zweite Instanz nicht leichtfertig die Frage beantworten und verneinen wird, besteht doch die Gefahr, wie hier richtig hingewiesen wurde, als zweite Instanz – anders als beim Obersten Gerichtshof – bei einer unvertretbaren Rechtsansicht in Amtshaftung gezogen zu werden.

Insgesamt glaube ich also, daß damit ein Modell gefunden wurde, das durchaus wert ist, nun einmal erprobt zu werden. Ich habe kein schlechtes Gewissen dabei. Zur Überprüfung der Auswirkungen bedarf es aber auch nicht unbedingt einer Entschließung des Nationalrates: Es ist im Justizbereich eine Selbstverständlichkeit, daß die Justizgesetze nach einer gewissen Zeit ihrer Geltung einer Evaluierung zugeführt werden, und das werden wir auch in diesem Fall machen. Wenn – wie ich sicher bin – es sich herausstellt, daß sich hier keine Unzulänglichkeiten ergeben, wollen wir durchaus ins Auge fassen, dieses Modell auch – so es politisch möglich ist – in das arbeits- und sozialgerichtliche Verfahren zu übertragen, weil ich keine Veranlassung sehe, eine grundlegende Unterschiedlichkeit walten zu lassen.

Was die Frage anlangt, daß mit diesem Antrag auf neuerliche Überprüfung der Frage der Zulassung einer Revision auch gleich die Revision auszuführen ist, möchte ich darauf hinweisen, daß das ähnlich jetzt schon bei der Erhebung einer außerordentlichen Revision ist, wo nicht nur ausgeführt werden muß, daß die Voraussetzungen zur Anrufung des Obersten Gerichtshofes gegeben sind, sondern auch gleichzeitig die Revision selbst ausgeführt werden muß. Letzten Endes führt das doch auch, für den Fall der Stattgebung des Antrages, zu einer Beschleunigung in der weiteren Abwicklung.

Was die angesprochenen Fragen der Gefährdungshaftung anlangt, darf ich darauf hinweisen, daß wir diesen Bereich in verschiedenen Punkten in Bearbeitung haben. Sie werden am Anfang nächsten Jahres sowohl mit einem versendeten Entwurf zu einer Novelle zum Gentechnik


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