Bundesrat Stenographisches Protokoll 635. Sitzung / Seite 109

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der vom Kindesalter abhängt und auf das Einkommen des Unterhaltspflichtigen angewendet wird. Erneut wäre es jedoch ein die wahre Rechtslage verfälschendes Horrorszenarium, würde verbreitet, daß somit auch der Luxusbedarf der Kinder von Generaldirektoren steuerlich zu berücksichtigen wäre.

Bei erheblich über dem Durchschnitt liegendem Nettoeinkommen des Unterhaltsverpflichteten hat die Rechtsprechung nämlich einen Unterhaltsstopp festgelegt und vermeidet dadurch eine Überalimentierung. Diese Obergrenze setzt beim 2,5fachen der sogenannten Regelbedarfssätze ein, die ihrerseits wieder nach dem Alter des Kindes gestaffelte Prozentsätze sind. Nach der Judikatur ist zudem sowohl einem erheblich überdurchschnittlichen als auch einem sehr geringen Einkommen des Unterhaltsschuldners und zahlreichen konkurrierenden Sorgepflichtigen Rechnung zu tragen.

Das geltende und zum Teil von der Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof betroffene Steuerrecht führte im Anlaßfall dazu, daß einer Jahresunterhaltsverpflichtung des Beschwerdeführers von 45 Prozent, konkret 303 750 S, Kinderabsetzbeträge in der Höhe von 18 900 S und die Familienbeihilfe in Höhe von 66 000 S gegenüberstanden. Die Diskriminierung gegenüber nicht unterhaltspflichtigen Personen mit vergleichbarem Einkommen lag hier auf der Hand.

Im gegenständlichen Erkenntnis hat der Gerichtshof übrigens ausdrücklich konzediert, daß die Entlastung des Unterhaltspflichtigen – sei es steuerrechtlich oder beziehungsweise und durch Transferleistungen – nach der Anzahl und dem Alter der Kinder oder nach der sozialen Bedürftigkeit gestaffelt werden kann, sofern die konkrete Regelung nur in sich sachlich ist.

Klargestellt hat das Erkenntnis auch, daß nicht das System der Familienbesteuerung als solches – der Herr Finanzminister hat es auch schon gesagt – oder Maßnahmen der Familienförderung der Prüfung auf ihre Verfassungsmäßigkeit unterzogen worden sind; vielmehr ging es um die Sachlichkeit von steuerrechtlichen Vorschriften, die jene Einkommensteile belasten, die, wie gesagt, vom Steuerpflichtigen für Unterhaltsleistungen an Kinder aufgewendet werden müssen. Soll, mit anderen Worten, Steuer auch von jenen Beträgen voll entrichtet werden, die der Steuerschuldner an seine Kinder als Unterhalt zu leisten verpflichtet ist, also von Einkommensteilen, die ihm überhaupt nicht mehr zur Verfügung stehen?

Der Verfassungsgerichtshof hat durchaus auch geprüft, ob neben den Kinder- und Unterhaltsabsetzbeträgen nicht die Familienbeihilfen und sonstigen öffentlichen Mittel angemessenen Ausgleich gewährleisten. Im Ergebnis gelangte er jedoch zum negativen Befund, daß diese Transferleistungen nämlich insgesamt die steuerliche Belastung jener Einkommensteile, die zur Erfüllung der Unterhaltsverpflichtung erforderlich sind, nicht annähernd auszugleichen vermögen. Sie sind nicht einmal regelmäßig dazu geeignet, den von der Unterhaltsrechtsprechung zugrunde gelegten fiktiven Regelbedarf – bis zu dessen zweieinhalbfacher Höhe die Unterhaltspflicht bestimmt wird – abzudecken; mit anderen Worten wird dieser Regelbedarf nicht so behandelt, als wäre er von der Steuerbemessungsgrundlage abzuziehen.

Daß die Transferleistungen im Ergebnis zu einem sozial gestaffelten Zuschuß zur Tragung des Aufwandes für Kinder führen, ist gewiß verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden; anderes gilt aber für den Umstand, daß die Unterhaltsleistungen die Steuerbemessungsgrundlage nicht reduzieren und die auf sie bezogenen steuerlichen Belastungen durch die staatlichen Transferleistungen in vielen Fällen nur zum Teil kompensieren werden. Unterhaltspflichtige haben dann – im Gegensatz zu Nichtunterhaltspflichtigen – Einkommensteuer auch von jenen Beträgen zu entrichten, die ihnen nicht zur eigenen Verwendung verbleiben.

Auch in diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof anerkannt, daß bei höheren Einkommen die zu leistenden Unterhaltszahlungen nur bis zu einem bestimmten Höchstbetrag steuerlich zu berücksichtigen sind und daß dieser nicht die Obergrenze des von den Zivilgerichten zuerkannten Unterhalts erreichen muß. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Die für verfassungswidrig erklärte Regelung bewirkte allerdings, daß die Unterhaltsleistungen vielfach nicht nur bei höheren Einkommen, sondern auch bei solchen nur unzureichend steuerlich entlastet wurden, die sich erheblich unter der sozialversicherungsrechtlichen Höchstbemes


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