Bundesrat Stenographisches Protokoll 635. Sitzung / Seite 119

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Man hat eine Umfrage gemacht, wonach drei Viertel aller befragten Mütter gesagt haben, sie müssen arbeiten gehen. Sie würden sehr gerne ihre Kinder selbst betreuen, aber sie müssen arbeiten gehen. Darin, daß Frauen arbeiten gehen müssen, ist natürlich auch eine gewisse ideologische Zielrichtung zu sehen, auch wenn von Ihrer Partei, sehr geehrter Herr Minister, immer wieder gegenteilige Äußerungen kommen. So hat etwa anläßlich einer Debatte – ich glaube, es war zum Sozialbericht – auch Ihre Kollegin Bundesrätin Kainz gesagt, daß die Frauen selbstverständlich die Möglichkeit der Wahl haben sollen, arbeiten zu gehen oder zu Hause bei ihren Kindern zu bleiben. Tatsache ist aber, daß das Umfeld und die Rahmenbedingungen genau in die Richtung gehen, daß natürlich alle arbeiten gehen müssen , und es sehr wenige sind, die tatsächlich auch arbeiten gehen wollen.

In sämtlichen Studien ist natürlich belegt – ich möchte jetzt die Zahlen nicht wiederholen; Kollege Wilfing hat eine Studie schon genannt, die ich auch kenne –, daß für Familien das Armutsrisiko umso höher ist, je mehr Kinder sie haben. Auch ein Vertreter der SPÖ hat in einem Zeitungsinterview gesagt, man müßte vor allem die Jungfamilien fördern, denn die wären die ärmsten.

Ich weiß schon, daß es in jungen Familien auch Startschwierigkeiten gibt, tatsächlich ist es aber so: Je mehr Kinder man hat und je größer sie werden, desto mehr Kosten verursachen sie auch. So lieb uns die Kinder sind – das ist ein Faktor, den man nicht einfach wegdiskutieren und wegwischen kann. Solange die Kinder klein sind, ist auch das Bekleidungsproblem noch nicht so ein großes. Ich weiß das aus eigener Erfahrung, ich habe vier. Da hat man noch die Freundinnen, die einem die Babywäsche überlassen, und wenn die Kinder im Kleinkindalter sind, bekommt man auch noch so manches geschenkt. Aber da beginnen dann schon die Kosten für den Kindergarten, die Volksschule geht noch einigermaßen, und ab dem Gymnasium fängt es dann mit Sportwochen, Schulschikursen und Sprachreisen an, und zu diesem Zeitpunkt ist auch das Weitergeben von Kleidern nicht mehr möglich.

Es gab daher in Wien von Hauptschullehrern – in dem Fall gar nicht so sehr von den Gymnasien, sondern von Hauptschullehrern – auch die Feststellung, daß sich immer weniger Eltern für ihre Kinder diese Schulschikurse oder auch Sportwochen, die veranstaltet werden, leisten können. Es bleiben immer mehr Kinder in der Klasse zurück, weil die Eltern sagen, sie können es nicht mehr finanzieren.

Daher, sehr geehrter Herr Bundesminister für Finanzen, muß ich schon einen Appell an Sie – der Herr Familienminister sagt immer, es sei schließlich dann Ihre Sache, für das Geld zu sorgen –, aber auch an die ÖVP richten, daß Sie in den Verhandlungen, wenn Ihnen die Familien noch etwas wert sind, darauf Bedacht nehmen, daß es tatsächlich eine Gerechtigkeit auch für Familien gibt.

Ich bitte Sie auch, auf unser Familiensplitting Rücksicht zu nehmen. Herr Minister Bartenstein hat heute gesagt, er hält es durchaus für diskussionswürdig, auch wenn derzeit nicht vorgesehen ist, es in die Verhandlungen aufzunehmen. Es gibt dieses Splittingmodell schon in anderen EU-Staaten, und es hat sich dort durchaus bewährt. Daher würde ich meinen: Nehmen Sie es mit auf in die Verhandlungen! Denken Sie ohne ideologische Scheuklappen auch darüber nach! Es geht nicht darum, von welcher Partei jetzt was eingeflossen ist, sondern es geht darum, was das Beste für unsere Familien ist, damit sie nicht weiterhin großen Belastungen ausgesetzt sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.18

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem erteile ich Herrn Bundesrat DDr. Franz Werner Königshofer das Wort.

17.18

Bundesrat DDr. Franz Werner Königshofer (Freiheitliche, Tirol): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch drei Aspekte dieser Thematik aufzeigen und will zuerst auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes in seinem Kern eingehen, worin es heißt: Das Außerachtlassen der Unterhaltslast bewirke eine vergleichsweise höhere Belastung unterhaltspflichtiger Eltern. Diese sei sachlich nicht zu rechtfertigen, auch nicht damit,


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