Bundesrat Stenographisches Protokoll 635. Sitzung / Seite 122

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Damals gab es wesentlich niedrigere Kinderbeihilfen, als es sie heute im Verhältnis zu meinem damaligen Einkommen gibt.

Meine Damen und Herren! Ich habe nicht gesagt, daß ein Kind teurer ist als zwei oder drei, wie Sie es interpretieren, sondern ich habe gesagt, daß das erste Kind für mich das teuerste war. Das erste Kind war deshalb für mich das teuerste, weil ich eine größere Wohnung suchen und vom Kinderbett über den Kinderwagen bis zur Babyausstattung alles kaufen mußte. Es war nämlich bei mir zumindest nicht so, daß mein erstes Kind die Strampelhosen meines zweiten Kindes tragen konnte, sondern umgekehrt. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Ich gehe davon aus, daß mit dem ersten Kind in der Regel eine Jungfamilie anfängt, die sich in der Phase der Existenzgründung befindet, die auch von der psychologischen Situation her zu erheblichen Veränderungen der individuellen Lebensgestaltung der Jungfamilie führt. Daher meine ich, daß wir ein Familienförderungssystem entwickeln müssen, das dieser ganz schwierigen Anfangsphase einer Familie entgegenkommt.

Einer der sehr geehrten Herren Bundesräte hat darauf hingewiesen, daß die Scheidungsquote sehr hoch ist. Niemand ist darüber glücklich, daß angeblich – ich spreche jetzt dem Herrn Bundesrat nach, der das gesagt hat, ich habe das nicht überprüft – jede dritte Ehe geschieden wird. Ich weise allerdings als Finanzminister die Verantwortung dafür zurück. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Das möchte ich schon mit aller Deutlichkeit sagen. Aber es macht mich betroffen. Das ist überhaupt keine Frage. Aus Studien und Unterlagen, die mir zugängig sind, geht hervor, daß die Scheidungsquote in zwei Lebensphasen besonders hoch ist, und zwar zu Beginn einer Ehe, da eine Reihe von Faktoren eine Rolle spielen, und dann später, wenn den einen oder anderen nachhaltig der Hafer sticht. Das ist oft die zweite Ursache, die die Scheidungsquoten steigen läßt. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Als Politiker bin ich natürlich für beide Umstände nicht zuständig. Sie haben mir das auch nicht unterstellt. Ich würde auch diese Kompetenz nicht übernehmen.

Ich möchte nun wieder auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zu sprechen kommen. Man kann aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes eindeutig auch ableiten, daß Kinderabsetzbetrag und Familienbeihilfe von der Wirkung her gleich sind. Es wird auch gleich ausgezahlt. Für mich ist daher die Familienbeihilfe absolut als Steueräquivalent zu bezeichnen. Denn es geht nicht darum, mit welchem Mascherl die Hilfe für die Familien versehen wird, sondern darum, daß Familien geholfen wird, und in dieser Weise sehe ich auch den Kompromiß.

Ich habe in meiner Beantwortung der dringlichen Anfrage – vielleicht zuwenig deutlich, aber doch unüberhörbar; Sie können es nachlesen – gemeint, daß bei der Erstellung aller Vorschläge, die in der Öffentlichkeit oder vielleicht auch in Parteiengesprächen gemacht werden, auf einen Aspekt nicht vergessen werden darf, nämlich darauf, daß in der Gestaltung aktiver Politik und so auch der Familienpolitik die Kreativität dort nicht aussetzen darf – vor allem dann, wenn man seriös bleiben möchte –, wo es darum geht, die Frage zu beantworten, woher wir das Geld nehmen. Politik ist bekannterweise die Kunst des Machbaren, und darum geht es.

Der sozialdemokratische Vorschlag geht von einem exakten Finanzierungsvorschlag aus, und ich bin guter Dinge, daß auch die Österreichische Volkspartei ihre Vorschläge, die ich durchaus respektiere und anerkenne, mit den entsprechenden Finanzierungsvorschlägen unterlegt. Diese dürfen allerdings nicht so sein, daß man mit der lapidaren Feststellung "Vorgriff auf die Steuerreform" vergißt, daß wir auch ein Budget 1999 zu erstellen haben. Ein Vorgriff darf nicht nur ausgabenseitig oder in der Verminderung von Einnahmen zum Ausdruck kommen, weil wir sonst jene Stabilitätskriterien, die auch ein wichtiger Aspekt in der Politik der nächsten Jahre sind, nicht aufrechterhalten können.

Meine Damen und Herren! Es sind allerdings die vielen Vorschläge, die im Zusammenhang mit der Steuerreform 2000 bislang an mich herangetragen wurden – alle legitim, alle unter bestimmten Gesichtspunkten auch mit einem Individualprimat versehen –, allesamt nicht machbar.


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