Bundesrat Stenographisches Protokoll 635. Sitzung / Seite 123

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Wir haben – und ich sehe das als wirtschaftspolitische Maßnahme – in der Herausforderung der Aufnahme des internationalen Wettbewerbes alles daranzusetzen, daß wir jene Voraussetzung, die für Familienpolitik extrem wichtig ist, schaffen, nämlich daß es möglich ist, daß die Menschen Arbeit in unserem Lande finden. Daher müssen wir die Steuerreform und alle Möglichkeiten, die es dazu gibt, nutzen, dort steuerlich zu entlasten, wo der Wettbewerb am stärksten zuschlägt.

Es ist überhaupt keine Frage, daß der Faktor Arbeit in Österreich – nicht nur in Österreich, sondern auch in anderen Ländern der Europäischen Union – im Vergleich zu jenen Wirtschaftsräumen, die unter anderen sozial- und lohnpolitischen und sonstigen Rahmenbedingungen produzieren, eine große Rolle spielt, denn unsere Produkte treten auf den Weltmärkten in Konkurrenz. Wir müssen daher alle Möglichkeiten, die wir haben, zur Standortsicherung unseres Landes und zur Innovation im wirtschaftlichen Bereich nützen.

Ich sage noch einmal, daß ich für alle Vorschläge, die in der Diskussion gemacht werden, dann offen bin, wenn ich persönlich davon überzeugt bin, daß hinter einem Vorschlag auch die Realität der Vollziehung steht. Da ist es nämlich nicht vornehm, wenn man nicht über Geld redet, sondern leichtfertig.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mir alle Vorschläge, die zur Steuerreform eingebracht wurden, mit großem Interesse angehört. Eine Steuerreformdebatte werden wir sicher im nächsten Jahr zu führen haben.

Ich möchte jetzt auf einzelne Vorschläge, wie Steuer durch Familiensplitting und ähnliches mehr, gar nicht eingehen. Aber eines möchte ich doch sagen: Wenn ich, sehr geehrter Herr Bundesrat Dr. Harring, beispielsweise alle Vorschläge, die in den Konzepten der Freiheitlichen Partei enthalten sind – diese studiere ich nämlich merkwürdigerweise auch (Bundesrat Dr. Harring: Das ehrt Sie!) –, umsetzen müßte, dann würde ich mich als Finanzminister nicht in der Lage sehen, ein Budget zu erstellen, das auch auf die sozialen Notwendigkeiten, für die die Ausgaben letztendlich auch von einem Bundesbudget gedeckt werden müssen, Rücksicht nimmt. Dem, der das bewerkstelligen müßte, könnte ich nur alles Gute wünschen.

Ich möchte im Zusammenhang mit dem Diskussionsbeitrag der Frau Bundesrätin Mühlwerth nur zwei Bemerkungen machen. Erstens: Ich glaube nicht, daß Ihre These, daß die Frauen nicht arbeiten gehen wollen, sondern arbeiten gehen müssen, der Realität entspricht. (Bundesrätin Mühlwerth: Das ist das Ergebnis einer Befragung!) Ich glaube, daß immer mehr Frauen – das ist meine Erfahrung – arbeiten gehen wollen, weil es auch zum Selbstverständnis einer Persönlichkeitsentwicklung gehört. (Bundesrätin Mühlwerth: Das muß den Frauen überlassen bleiben!) Ich diskriminiere damit nicht jene Frauen, die sich entscheiden, zu Hause zu bleiben. Ich stelle das gar nicht einmal ideologisch fest, sondern das ist ein Faktum.

Wenn ich mir meine eigenen Töchter oder beispielsweise die Freunde und Freundinnen meiner Kinder anschaue, dann stelle ich fest, daß es immer weniger Angehörige der nachfolgenden Generationen gibt, die sich eigentlich das Ziel ihres zukünftigen Lebens so vorstellen, daß sie sich in einer mehr oder weniger subjektiven oder objektiven Abhängigkeit von einem Familienerhalter befinden. (Bundesrätin Mühlwerth: Es geht um die Wahlmöglichkeit!)

Ja, es geht um die Wahlmöglichkeit. Gerade dem entspricht auch diese Überlegung. Zum Wählen gehören nämlich auch Ressourcen.

Ich kenne Familien, wo sich beide Partner entscheiden können, arbeiten gehen zu wollen, obwohl sie Kinder haben, ohne daß sie auch nur auf eine einzige Kinderbetreuungseinrichtung angewiesen sind. Ich kenne aber viele Familien, wo die Voraussetzung, daß die Frau zur Entfaltung ihrer eigenen Persönlichkeit durch das Gefühl des Gebrauchtwerdens auch im Bereich der Wirtschaft arbeiten gehen kann, sehr wohl das Vorhandensein von Kinderbetreuungseinrichtungen ist. Daher ist es mir ein ganz ernstes Anliegen und auch inkludierter Bestandteil jener Überlegungen, die wir vorgestellt haben, in diesem Bereich die sozialen infrastrukturellen Einrichtungen zu verdichten, sodaß mehr Frauen die Möglichkeit haben, nicht nur wählen zu wollen, son


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