Bundesrat Stenographisches Protokoll 635. Sitzung / Seite 137

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Ich darf Ihnen anfänglich gleich einige Zahlen bringen, und zwar Zahlen bezüglich der Nächtigungsentwicklung vom Jahr 1991/92 bis heute. Die Wintersaison 1991/92 hat in Tirol 22,5 Millionen Nächtigungen erbracht, die Saison 1994/95 nur mehr 21,4 Millionen. Die Sommersaison 1992 hatte 23,4 Millionen Nächtigungen zu verzeichnen, die Sommersaison 1995 nur mehr 19,1 Millionen.

Das heißt, in Summe sind bei uns die Nächtigungen um rund 5 Millionen zurückgegangen. Wenn man das jetzt wertmäßig beziffern möchte und man annimmt, daß ein Nächtigungsgast im Schnitt 1 000 S im Lande läßt – Übernachtung, Abendessen, Getränke und so weiter –, so ist das eine Umsatzeinbuße von rund 5 Milliarden Schilling allein in Tirol. Das trifft nicht nur die gewerblichen Unternehmer, das trifft die gesamte Volkswirtschaft, denn der allergrößte Teil dieser Einnahmen sind Deviseneinnahmen – vor allem D-Mark, Holland-Gulden und so weiter –, und das trifft auch unsere Leistungsbilanz. Darauf werde ich noch später zu sprechen kommen.

Ich möchte zu Beginn eine Aussage aus dem Bericht auf Seite 33 zitieren, in dem es in Richtung Ausblick heißt – ich zitiere –: "Die Lage der österreichischen Tourismuswirtschaft ist insgesamt betrachtet trotz regionaler Lichtblicke verhältnismäßig ernst." – Ende des Zitats.

Diese Aussage ist durchaus richtig, und ich weiß, weil ich aus diesem Bereich komme, daß in Österreich – auch in Tirol – Tausende Familienbetriebe in ihrer Existenz bedroht sind, damit auch die Angehörigen und deren Mitarbeiter. Aber wenn es dem Tourismus schlechtgeht, dann geht es auch den daranhängenden Branchen, den Zulieferbranchen, Bäckern, Metzgern, Tischlern, Malern, Installateuren und so weiter, schlecht. Da kann ich nur ein Zitat aus der "Tiroler Tageszeitung" vom 30. Dezember letzten Jahres bringen, in dem der Landesinnungsmeister der Tiroler Tischler, Georg Steixner, auf dieses Problem hinweist. Er sagt: Die Krise im Tourismus wirkt sich auf die Situation der Tiroler Tischler sehr negativ aus. Das Auftragsvolumen bleibt aus, Betriebe in den Talschaften kommen in Schwierigkeiten, Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel, die Negativspirale dreht sich.

Das ist das Problem, aber nicht nur des Tourismus, sondern auch vieler anderer daranhängender Branchen und Betriebe.

Die Gründe dafür sind vielfältig, und es wird auch im Bericht darauf eingegangen. Es gibt externe und interne Gründe dafür. Die externen Gründe sind wohl die, daß der Wettbewerb internationaler geworden ist. Auch hier kommt die Globalisierung zum Tragen. Es gibt neue Destinationen, es gibt niedrigere Flugpreise, günstigere Ferntarife. Das heißt, der österreichische Tourismus steht nicht mehr nur mit der Schweiz, mit Südtirol, mit Bayern in Konkurrenz, sondern steht heute mit der ganzen Welt in Konkurrenz. Die Leute überlegen sich, ob sie im Winter einen Skiurlaub im Alpenraum buchen oder doch eine Fernreise auf die Malediven oder auf die Seychellen. Hier gilt es, entsprechende Angebote zu schaffen.

Eine weitere externe Ursache ist sicherlich auch die wirtschaftliche Rezession in den Hauptherkunftsländern – auch das wird im Bericht angeführt –, die wirtschaftliche Rezession in Deutschland, in den Niederlanden, in Frankreich, in Großbritannien.

Aber es gibt auch interne und hausgemachte Gründe für die Probleme im Tourismus, und da sollte doch unsere Kritik ansetzen und sollten diesbezügliche Maßnahmen gesetzt werden. Der erste Bereich ist die falsche Strukturentwicklung. Das Problem kenne ich vor allem von unserer Tiroler Tourismuswirtschaft, die jahrelang Überkapazitäten beim Bettenangebot geschaffen hat, beispielsweise im Zillertal. Die Folge ist, daß sich die Betriebe gegenseitig derartig konkurrenzieren, daß Dumpingpreise geboten werden, sodaß man sagen kann, daß eine Nacht mit Frühstück, je nach Sterne-Hotel, 100 S mal dem Stern kostet, also in einem Dreistern-Hotel 300 S, in einem Vierstern-Hotel 400 S und so weiter. Davon können die Betriebe natürlich nicht leben, weil diese Preise nicht kostendeckend sind. Das hat wieder den Effekt, daß die Nebenkosten verteuert werden, die Getränke, Kaffee, Bier, Wein, die Speisen teurer sind, aber auch das infrastrukturelle Angebot, Bäder, Saunas, Lifte und so weiter, relativ teuer ist, und das kommt auch in der Kritik der Gäste zum Ausdruck.


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