Bundesrat Stenographisches Protokoll 635. Sitzung / Seite 175

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Stichwort Kontinuität: Die 3. Novelle des Filmförderungsgesetzes sollte mit geringstmöglichem Aufwand für Förderungsbewerber und Administration einen deutlichen Schwerpunkt zugunsten der Projektentwicklung und der Filmproduktion setzen und damit möglichst große Produktkapazität in bestmöglicher Qualität freisetzen.

Stichwort Flexibilität: Besonders anzustreben ist eine Stärkung des Kuratoriums in der Festlegung der Mittelverteilung im Jahresbudget – derzeit bestimmt das Filmförderungsgesetz durch festgelegte Prozentsätze den Jahresvoranschlag –, eine Verkleinerung der Auswahlkommission sowie eine Straffung und Beschleunigung der Förderungsentscheidungen.

Stichwort Nachwuchs: Zur deklarierten Nachwuchsförderung wird die Einrichtung eines eigenen Budgettopfs für Konzepte und Herstellungsförderung – ohne Eigenanteil – von Dokumentar- und Spielfilmen ohne Laufzeitbeschränkungen für den Einsatz im Kino und/oder im Fernsehen mit und ohne Kinoschutzfrist geschaffen.

Ich ersuche um Verständnis, wenn ich nach diesem etwas ausführlicheren Debattenbeitrag nicht zum Ende, sondern auf ein weiteres Anliegen zu sprechen komme, das ursächlich mit dem österreichischen Film zusammenhängt.

Vorausschicken möchte ich meine Anerkennung für die erfolgte Umstrukturierung der vom Bund, den Ländern und sonstigen Subventionsträgern getragenen Einrichtungen, beispielsweise des Bundesinstituts für den Wissenschaftlichen Film, der Austria Wochenschau und nicht zuletzt des ursprünglich "Österreichisches Filmarchiv" genannten Film Archiv Austria.

Nach dieser – nunmehr zu Ende gehenden – Reorganisation muß jedoch dringend ein weiterer Schritt erfolgen. Neue Strukturen und Organisationsformen, zum Teil auch zusätzliche und neu adaptierte Räume sind richtig und wichtig; noch wichtiger aber sind ausreichende finanzielle Bedeckungen für die übertragenen Aufgaben. Wenn das Film Archiv Austria seit Jahren dringend zusätzliche Kühl- und Lagerhallen für das filmische Erbe in Österreich benötigt, dafür in Laxenburg entsprechende Grundstücksflächen vorhanden sind und die Planung abgeschlossen ist, dann muß es doch – auch unter dem Gesichtspunkt der Budgetknappheit – möglich sein, die bereits vor Jahren zugesicherten finanziellen Mittel endlich flüssigzumachen. Das wertvolle österreichische Filmmaterial, das teilweise aus der Zeit der Jahrhundertwende stammt, lagert derzeit teilweise in Containern oder Gängen, jedenfalls ohne ausreichende klimatische Bedingungen.

Die Aufgabenstellung "Bewahren des filmischen Erbes" bedeutet für das Film Archiv Austria nicht nur formal-archivarische Tätigkeiten, sondern auch Restaurationen und Rekonstruktionen. Bis zu Beginn der achtziger Jahre konnte aus finanziellen Gründen nur wenig rekonstruiert werden, danach wurde diese Tätigkeit zu einer der wichtigsten des Österreichischen Filmarchivs. Wie sich dabei herausstellte, war das Alter nur bedingt ein Indikator für den Zustand eines Films. So können Streifen aus dem Jahr 1905 besser erhalten sein als solche aus den späten vierziger Jahren. Das Österreichische Filmarchiv verfügt seit 1991 über ein chemisches Labor, in dem Nitromaterial einem künstlichen Alterungsprozeß unterzogen werden kann. Dieses Testverfahren ermöglicht die Feststellung eines chemisch instabilen Zersetzungszustandes des Trägermaterials bereits in einem Stadium, in dem sich der Film noch in gutem Zustand befindet und daher rechtzeitig umkopiert werden kann.

Das filmische Erbe reduzierte sich durch die Jahre, bedingt durch technische und ökonomische Zwänge, als Opfer zeitgeschichtlicher Ereignisse und aus purem Desinteresse. Zudem war das Basismaterial der Frühzeit – chemisch gesehen – nichts anderes als mit Salpetersäure geesterter Zellstoff mit einem Nitrierungsgrad knapp unter dem von Schießbaumwolle – daher auch der Name Nitrofilm –, der einem raschen Zersetzungsprozeß unterworfen ist. Originalnegative aus der Stummfilmzeit sind kaum erhalten geblieben, die Kopien abgespielt sowie meist schadhaft, und manche Stellen mußten der Zensur weichen.

Im Film Archiv Austria, der größten Filmsammlung Österreichs, lagern heute 126 200 Rollen aus der Zeit zwischen 1896 und 1996. 8 525 Rollen dieser Sammlung sind Nitrofilmmaterial. Aufgrund der Lagerplatzprobleme in Laxenburg wurden 1996 – mit Einverständnis der Schönbrunn-


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