Bundesrat Stenographisches Protokoll 636. Sitzung / Seite 87

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Meine Damen und Herren! Ich meine, wenn der Fleischbedarf in diesen Ländern gegeben ist, dann werden diese auch Schlachtfleisch in entsprechender Quantität abnehmen und importieren, bevor Mangel in diesen Ländern oder gar Hungersnöte auftreten. Außerdem sollten wir auch unsere abendländische Ethik nicht ganz vergessen, denn immerhin feiern wir jeden 4. Oktober den Tag des Heiligen Franziskus von Assisi, und daran sollten wir uns als Europäer auch erinnern, wenn wir diese Dinge heute besprechen und über die Situation in diesem Bereich oft sehr betroffen sind.

Die Tierquälerei beginnt aber in Europa schon viel früher, nicht erst beim Transport. Jetzt komme ich wieder auf das Eingangszitat zurück, auf die Tierfabriken, in denen die lieben Tiere für die Menschen "arbeiten". Das Leid beginnt in den Agrarfabriken, bei der industriellen Herstellung der Lebensmittel, bei der Massentierhaltung. Kollege Farthofer hat das schon angesprochen: Es gibt riesige Legebatterien, es gibt riesige Stallungen für Schweine, Kühe und so weiter. Die Pikanterie an der Sache ist: Zuerst, wenn Gewinne gemacht werden, sind diese Gewinne privat, passiert aber dann etwas, wie beispielsweise der BSE-Skandal oder die Schweinepest in Holland und Deutschland, dann muß die öffentliche Hand in Form des Nationalstaates oder in Form der EU einspringen, und dann werden die Verluste sozusagen sozialisiert. Das ist das Problem, auch volkswirtschaftlich. (Bundesrat Farthofer: Das ist die Philosophie der Neoliberalen!)

Ja, ich stelle das nur dar: Die Massentierhaltung bringt zuerst Profite für den privaten Unternehmer, aber wenn dann 20 000, 30 000 oder 100 000 Tiere vernichtet und entsorgt werden müssen, dann muß die öffentliche Hand einspringen.

Wir Binnenländer sehen immer nur die Landwirtschaft, ich schaue mir aber immer wieder auch Berichte über die Fischerei und die Entwicklung des Fischereiwesens an. Dort spielt sich das gleiche wie im Bereich der Landwirtschaft ab. Auch hier gibt es schwimmende Fischfabriken, riesige Schiffe, die mit Echoloten auf die Meere hinausfahren, die Fischschwärme aufspüren, mit riesigen Netzen fangen und dann direkt auf den Schiffen verarbeiten. Auch hier werden Tiere grausam und qualvoll in den Netzen zu Tode gebracht. Das Tragische dabei ist, daß Tausende Fische gar nicht verwertet werden können, weil sie entweder ungenießbar sind oder nicht auf dem Fangplan stehen, und tot dem Meer wieder zugeführt werden.

Der Nebeneffekt ist in beiden Fällen der gleiche, sowohl bei der industrialisierten Landwirtschaft wie auch bei den schwimmenden Fischfabriken: der wirtschaftliche Ruin der Kleinbauern, der bäuerlichen Familienbetriebe beziehungsweise der kleinen Fischereibetriebe, die Überdüngung und Übersäuerung der Böden in der Landwirtschaft beziehungsweise die Ausfischung der Meere.

Letztendlich werden wir mit dieser Politik auf Dauer keinen Erfolg haben. Wir werden ähnliche Debakel erleben wie bei der BSE-Krise, und letztendlich wird uns diese Art der Landwirtschaftspolitik eine Verteuerung der Produkte bringen, weil all diese Schäden, all diese Ausfälle, die noch kommen werden, zu einer teureren Produktion und damit zu einer Verteuerung der Produkte führen werden.

Etwas möchte ich in diesem Zusammenhang noch ansprechen, weil es um den Tierschutz geht. Eine ganz besonders perfide Praktik wird seit der BSE-Krise im EU-Raum angewendet, und zwar die Ausschüttung der sogenannten Herodes-Prämie. Es ist so, daß ein gewisser Milchbedarf gegeben ist, der Bedarf an Rindfleisch aber seit der BSE-Krise aufgrund des Konsumentenverhaltens abgenommen hat. Das heißt jetzt, die Milchkühe, die Kälber werfen, braucht man, aber die Kälber nicht mehr, und deshalb hat die EU eine Prämie für die sofortige Tötung und Entsorgung neugeborener Kälber ausgesetzt. Diese sogenannte Herodes-Prämie hat im Jahr 1997 rund 2 000 S betragen, während dieselbe EU für die Aufzucht eines Mastkalbes lediglich rund 850 S zur Verfügung gestellt hat. So etwas nennt man in den EU-Gremien dann "Marktlenkung": Die Milch wird gefördert, das Fleisch wird entsorgt.

Meine Damen und Herren! Das ist eine recht unwürdige Vorgangsweise, und für diese Barbarei trägt leider ein Österreicher die Hauptverantwortung, es ist dies Agrarkommissar Dr. Franz


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