Abgesehen von dieser inhaltlichen Frage der Wahrnehmung von Zuständigkeiten ist auch die Umsetzungsgeschwindigkeit beim Bund keineswegs vorbildlich. Österreich hat sich mit den europäischen Übereinkommen zum Schutz von Tieren beim internationalen Transport bereits 1973 völkerrechtlich verpflichtet, Gefahren, die Tieren beim Transport drohen, abzuwehren. Anläßlich der Genehmigung hat der Nationalrat seinerzeit beschlossen, daß das Übereinkommen durch die Erlassung von Bundesgesetzen zu erfüllen ist. Erst 20 Jahre später, nämlich im April 1993, kam es erstmals zu einer Regierungsvorlage für ein Tiertransportgesetz-Straße.
Doch damit nicht genug. Unter Hinweis auf seine Zuständigkeit hatte es der Bund den Ländern in der Zwischenzeit mit Einsprüchen zu Landesgesetzen verwehrt, ersatz- und übergangsweise eigene Regelungen zu schaffen. Seit November 1991 gibt es zudem eine EU-Richtlinie über den Schutz von Tieren beim Transport. Die bundesgesetzliche Umsetzung des Straßen- und Lufttransports kam 1994 zustande, jene für den Eisenbahnverkehr erst heuer. Dabei muß aber zugute gehalten werden, daß es in eisenbahnrechtlichen Vorschriften durchaus bereits verwandte Regelungen gegeben hatte. Und es wurde schon mehrfach darauf hingewiesen, daß das Tiertransportgesetz-Straße wegen der in der Praxis auftretenden Vollziehungsprobleme und Überschneidungen mit der EU-Richtlinie bereits bald anpassungsbedürftig wurde.
Am 1. Mai 1992 ist das bereits 1987 zur Unterzeichnung aufgelegte Europäische Übereinkommen zum Schutz von Heimtieren in Kraft getreten, und es ist ein wichtiger Gesichtspunkt, der bei der gesamten Diskussion über den Tierschutz nicht außer acht gelassen werden sollte, welche Lebensbedingungen Heimtiere vorfinden und ob überall eine artgerechte Tierhaltung vorgenommen wird. Nach mehr als fünf Jahren langte erst am 28. Oktober 1997 die entsprechende Regierungsvorlage im Nationalrat ein, ohne daß es inzwischen zu einem Beschluß oder zu einer Beratung gekommen wäre. – So weit beispielhaft zu der in der Praxis nicht belegbaren Annahme, daß Zuständigkeiten vom Bund in diesem Bereich wirkungsvoller, entschlossener und rascher wahrgenommen würden.
Auf Einheitlichkeit zielt das an sich richtige Argument ab, daß Tiere in Innsbruck kein anderes Schmerzempfinden als jene in Eisenstadt haben. Damit kann man es aber nicht bewenden lassen, denn schließlich gilt dasselbe auch für französische oder schwedische Tiere! Angesichts der Mobilität und der Auswirkungen auf die Kostenkonkurrenz führt das zwangsläufig zu der schon vorhin erhobenen Forderung, daß wesentliche Mindeststandards europaweit festgelegt werden sollten.
Das kann durchaus dadurch ergänzt werden, daß neben anderen Grundrechten auch das Anliegen des Tierschutzes verfassungsrechtlich verankert wird. So hat beispielsweise mit der Volksabstimmung vom vergangenen Sonntag der bayerische Verfassungsgesetzgeber, nämlich das Volk, nicht nur den Senat abgeschafft, sondern auch die wertbetonte bayerische Landesverfassung um Bestimmungen über den Tierschutz ergänzt. "Tiere werden als Lebewesen und Mitgeschöpfe geachtet und geschützt", heißt es künftig in der bayerischen Landesverfassung. – Und solche Beispiele gibt es in anderen Ländern natürlich auch.
Mit solchen Grundsätzen und einheitlichen Standards, ergänzt durch koordinierende Vereinbarungen der Länder, lassen sich durchaus sinnvolle regionale Differenzierungen verbinden. Denn schließlich gibt es nicht überall die gleichen Tierarten und auch nicht überall die gleichen Lebensräume für Tiere. Auch unter diesem Gesichtspunkt der Einheitlichkeit ist der Bund alles andere als zu einer Schulmeisterrolle gegenüber den Ländern berufen. Wir haben allein für die Regelung des Tiertransportes – je nach Transportmittel – inzwischen drei verschiedene Bundesgesetze, obwohl die EU mit einer einzigen Richtlinie auskommt.
Die dem Bund zustehenden Zuständigkeiten für den Tierschutz sind nach wie vor auf zahlreiche Bundesministerien verteilt, obwohl der Nationalrat mit Entschließung aus dem Jahre 1992 die Bundesregierung ersucht hat, zur Erleichterung der Wahrnehmung der Aufgaben des Tierschutzes auf Bundesebene einen Entwurf für eine Novelle zum Bundesministeriengesetz vorzubereiten, mit welcher die Zusammenfassung der Tierschutzkompetenz bei einem einzigen Bundesministerium vorgesehen wird. Auch das ist jedoch bis heute unerledigt.
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