Bundesrat Stenographisches Protokoll 636. Sitzung / Seite 111

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Linie dem Schutz der Gesellschaft und dem Schutz der mißbrauchten Kinder. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Milde Urteile wie diese, die ja nicht Einzelfälle, sondern die Mehrheit sind, unterhöhlen darüber hinaus die Autorität der Justiz, und sie fördern außerdem den Ruf nach Selbstjustiz, nach Rache und Vergeltung. Ich glaube nicht, daß das in unserem Interesse liegen kann.

Wir fordern daher lebenslange Strafen in Fällen von schwerem Kindesmißbrauch und Kinderpornographie. Die Geschichte von Sexualstraftaten gegen Kinder ist in erster Linie eine Geschichte von Rückfalltätern. Solche Täter sind aber auch eine lebenslange Gefahr für eine Gesellschaft, selbst wenn sie sich jahrelang unauffällig verhalten. Kein Richter, kein Gutachter, kein Arzt, kein Therapeut kann eine Garantie dafür übernehmen, daß sie nicht doch eines Tages rückfällig werden. Viele tragische Beispiele beweisen das.

Was wird aber heute überhaupt getan, um die Gefährlichkeit der Täter zu erkennen oder ihre Gefährlichkeit herabzusetzen? Oft sind die Strafen wie in den aufgezeigten Fällen zu kurz, um überhaupt eine sinnvolle Therapie durchführen zu können. Es gibt ja nicht einmal eine vernünftige Statistik darüber, wie viele Delikte von Rückfalltätern nach Verbüßung ihrer Haftstrafe während ihrer Bewährungszeit oder während des gelockerten Vollzuges begangen werden. Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang aber auch stellt, ist: Können diese Täter überhaupt geheilt werden? Die klassische Therapie – das weiß jeder fachkundige Therapeut – basiert auf dem Freiwilligkeitsprinzip. Eine angeordnete Therapie, die vom Patienten selbst abgelehnt oder nicht gewünscht wird, hat kaum Aussicht auf Erfolg. In keinem Fall bietet eine Therapie eine Garantie dafür, daß der Täter nicht doch wieder rückfällig werden kann.

Wenn wir dieses Risiko nicht eingehen und wenn wir nicht in kostenintensive Therapien ohne Erfolgsgarantie investieren wollen, dann bleibt als Alternative nur die Inhaftierung.

Eine weitere Forderung, die ich an Sie, Herr Bundesminister, richten möchte, ist, daß es bei diesen Delikten überhaupt keine bedingten Strafen geben darf. Wenn der Täter den Gerichtssaal als freier Mann verläßt, ist er nicht nur für das Opfer, sondern auch für andere Kinder eine dauernde Gefahr. Auch vorzeitige Haftentlassungen sind durch nichts zu rechtfertigen. Sexualstraftäter werden oft wegen, wie es so schön heißt, guter Führung vorzeitig entlassen. Gute Führung im Strafvollzug sagt aber über die Gefährlichkeit dieser Täter überhaupt nichts aus.

Ein weiterer Punkt, der jetzt auch in den letzten Tagen in Diskussion gekommen ist, ist die Frage der Verjährungsfrist für Delikte an Minderjährigen. Der schon angesprochene Beamte Ihres Ministeriums, der in dieser Fernsehsendung aufgetreten ist, hat gesagt, daß in Ihrem Ministerium bereits ein Entwurf vorbereitet wird, um die Verjährungsfristen so zu erstrecken, daß sie erst mit der Volljährigkeit des Opfers zu laufen beginnen. Ich möchte Sie auffordern, Herr Justizminister, diese Aussage, die ja auch Sie schon mehrfach getroffen haben, heute einmal zu verifizieren und klarzumachen, ob es sich dabei weiterhin um eine bloße Ankündigung handelt oder ob Sie wirklich endlich darangehen wollen, das in die Tat umzusetzen, und wann das endlich passieren wird – in Diskussion steht das jetzt schon seit Jahren, und ich glaube nicht, daß wir hier weiter zuwarten dürfen.

Ein weiterer Punkt ist die Schaffung eines neuen Straftatbestandes der unterlassenen Anzeige, wobei ich überhaupt nicht verstehen kann, warum man diese Anzeigepflicht zunächst abgeschafft hat. Es gibt eine Reihe von Fällen gerade auch in der letzten Zeit, wo die Kinder unter Umständen noch leben könnten, wenn diejenigen im Familienbereich oder im ärztlichen Bereich, die die Anzeichen oder zumindest gravierende Anzeichen einer solchen Tat erkannt haben, rechtzeitig Anzeige erstattet hätten.

Wir fordern weiters die Schaffung eines neuen Straftatbestandes für psychischen Kindesmißbrauch. Wir fordern die Schaffung eines neuen Straftatbestandes im Pornographiegesetz für das öffentliche Anpreisen von Sittlichkeitsdelikten an Unmündigen. Wir fordern die Einfügung eines eigenen Erschwerungsgrundes der vorsätzlichen Begehung von Straftaten an Kindern. Dies würde auch im Bereich von Körperverletzungen wirken. Wir fordern die Erhöhung der


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