Bundesrat Stenographisches Protokoll 636. Sitzung / Seite 126

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daß die Verjährungsfrist erst mit Großjährigkeit zu laufen beginnt, damit dem Opfer die Gelegenheit gegeben wird, auch als Erwachsener den Fall noch ins Rollen zu bringen.

Am 30. September 1997 konnte man diese Ankündigung auch im "Standard" wieder lesen. Es ist aber leider seit damals nichts geschehen. Es wird auch da immer wieder darauf hingewiesen, daß sich die Zahl der mißbrauchten Kinder erhöht (Bundesminister Dr. Michalek: Bekanntgewordene! Leider!) , daß sich die Zahl der bekanntgewordenen Fälle erhöht, und die Opfer werden immer jünger. Das sagt zum Beispiel ein Gerichtsgutachter und Kinderpsychologe, nämlich Herr Professor Friedrich.

Das war die Lage vor einem Jahr. Das ist zumindest mein Informationsstand. Die erste Ankündigung – vielleicht erfolgte sie auch schon früher – wurde vor einem Jahr getätigt. Ein Jahr ist nun seit dem vergangen, und wieder sagen Sie, es werde etwas geschehen. Ich frage Sie: Wann wird etwas geschehen? – Wir können nur hoffen, daß sehr schnell etwas geschehen wird, und eigentlich hätten wir Freiheitlichen uns gewünscht, daß es schon längst passiert wäre, weil die Kinder die Leidtragenden sind.

Das ist nicht ein Vorfall, bei dem man eine kleine Schnittwunde bekommt, die verbunden werden muß, und wenn sie ausgeheilt ist, erinnert nur noch eine kleine Narbe an der Hand daran, sondern diese mißbrauchten Kinder tragen lebenslängliche Narben davon, die sie auch bei psychologischer Betreuung nie ganz verlieren werden. Das heißt: Es wird überhaupt keine 100prozentige Heilung der seelischen Wunden bei diesen mißbrauchten Kindern geben. Das ist nicht einfach eine Behauptung von mir, sondern das sagen genügend viele Kinderpsychologen, die uns beipflichten.

Sie haben, was das Procedere bei einem Prozeß angeht, wenn es endlich zu einer Anzeige gekommen ist, nun angekündigt, daß es den Kindern leichter gemacht werden solle und das theoretisch auch schon ginge. – Das ist aber in der Praxis nicht so, weil man nicht vergessen darf, daß die Einvernahme für ein Kind eine wirkliche Hürde darstellt. Es gibt bereits den ersten Tatbestand, die erste Verletzung, nämlich die des Mißbrauchtseins, hat schon stattgefunden, und das Ganze wird vor Gericht noch einmal aufgewärmt. Es ist natürlich gut, wenn das Kind in einem Nebenraum von einer Videokamera gefilmt wird, ich darf aber auch hier Herrn Professor Friedrich noch einmal zitieren, der sagt, es gebe genügend Fälle, bei denen das Kind spätestens dann nicht mehr kann.

Er zitiert hier den Fall – man muß sich das vorstellen – eines vierjährigen mißbrauchten Mädchens, das sich erst nach langer Zeit seiner Großmutter geöffnet hat. Die Großmutter wurde dann initiativ und hat das Jugendamt eingeschaltet. Im Zuge dessen ist dieses Kind zu Pflegeeltern gekommen. Erst nach langer Zeit des Zutrauengewinnens hat sich dieses vierjährige Kind seiner Pflegemutter geöffnet. Auch Herr Professor Friedrich hat dieses Kind befragt. Es haben sich dabei, wie er sagt, Abgründe aufgetan. Später gab es die Situation, daß das Kind die Geschehnisse vor der Kamera noch einmal wiederholen sollte, wobei fremde Personen wie der Kameramann und zwei Schriftführer anwesend waren. Das Kind hat geschwiegen, und der Täter ist daraufhin freigegangen. Das ist das Wesentliche! In diesem Moment ist es aus! Das Kind bleibt über, der Täter kann nicht mehr verurteilt werden. Ich meine, da müssen wirklich dringend Maßnahmen gesetzt werden, und man kann nicht nur sagen: Wir werden das machen. Wir haben das vor, und das ist in Arbeit. (Bundesminister Dr. Michalek: Das haben wir nicht vor! Das ist so!)  – Hier muß tatsächlich schnell gehandelt werden.

Wenn Sie es ernst meinen, Herr Minister, dann muß das so sein. Wenn Sie sagen, es sei gewisser Popularismus, wenn man das Opfer dem Täter gegenüberstelle und – so quasi populär – hohe Strafen, vor allem bei Kindesmißbrauch und Kindesmißhandlung, für die Täter verlange, dann hat das schon seine Richtigkeit. Sachverständige sagen, daß nach internationalen Erfahrungen derzeit 50 Prozent aller Täter Rückfallstäter sind. Da wird es nicht genügen, wenn man den Täter mit einer Therapie begleitet, sondern dieser kann nur aus Schutz für die Kinder eingesperrt werden.


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