Bundesrat Stenographisches Protokoll 636. Sitzung / Seite 133

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sche Kontrollen durch Sicherheitsbehörden und an eine regelmäßige Meldepflicht des Verurteilten denken. Über die vorbeugenden Maßnahmen und Auflagen im Bereiche der Therapie haben wir heute auch bereits gehört. Ich teile allerdings die Skepsis gegenüber der Erfolgsmöglichkeit der Heilung. Die für geistig abnorme Rechtsbrecher etablierte Sicherungsverwahrung sollte auf normale Rückfalls- und Gewohnheitstäter in dieser Deliktsgruppe ausgedehnt werden. Das setzt freilich voraus, daß überhaupt einmal eine entsprechende Statistik über Rückfalltäter erstellt wird.

Darüber hinaus erscheint der gegenwärtige Katalog an Straftatbeständen auf diesem Gebiet unzureichend. Ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit schlagen wir folgende neue Bestimmungen vor:

Meines Erachtens – damit komme ich zu einem neuralgischen Punkt – müßte jede anzeigepflichtige Person, die die Anzeige an den Amtsarzt unterlassen hat, strafbar sein. Das führt freilich zu der umstrittenen Frage zurück, wie weit diese Pflicht reichen soll. Bei begründetem Tatverdacht müßte sie meines Erachtens sehr wohl alle Personen treffen, die beruflich mit der Betreuung von Kindern befaßt sind. Ich habe noch ein gewisses Verständnis für die gesetzlich getroffenen Einschränkungen der Anzeigepflicht im Zusammenhang mit der therapeutischen Behandlung aufgrund des Suchtmittelgesetzes; ich glaube aber, daß die Lage hier doch grundsätzlich anders ist.

Ich muß auch ganz offen sagen: Wenn im "Fall Kevin" darauf hingewiesen wurde, daß die Mutter sich deshalb nicht zur Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe für ihr Kind mit der Folge einer Anzeige durchringen konnte, um nicht ihren Lebensgefährten zu verlieren – also nicht etwa in Angst um ihr Leben –, dann – die anwesenden Kolleginnen mögen es mir verzeihen – handelt es sich für mich hier um eine Mutter, die es nicht verdient, "Mutter" genannt zu werden.

Außer Zweifel steht für mich, daß das öffentliche Anpreisen von Sittlichkeitsdelikten an Unmündigen selbst eine strafwürdige Untat ist. Nach Möglichkeit wäre auch die Verbreitung einer solchen Anpreisung über das Internet in diesen Straftatbestand einzubeziehen. Ich bin mir aber der vom Herrn Bundesminister angesprochenen Problematik der international rechtlichen Dimension dabei voll bewußt.

Der bestehende Tatbestand des Beischlafs mit Unmündigen sollte auch auf beischlafähnliche Handlungen erweitert werden. Zu überdenken wäre auch – nicht zuletzt aus der verfassungsrechtlichen Erwägung des Gleichheitssatzes –, ob der Tatbestand der Schändung in bezug auf das Opfer nicht geschlechtsneutral formuliert werden müßte.

Ein besonderes Anliegen sehe ich schließlich darin, den "Kindersex-Tourismus" zu inkriminieren.

Auf der Ebene der polizeilichen Aufklärung – mir ist klar, daß damit der Innenminister angesprochen ist – erwägen wir die Gründung einer Sonderabteilung zur Bekämpfung der Kinderpornographie und des sexuellen Mißbrauchs an Kindern. Überführte Täter sollten erkennungsdienstlich erfaßt bleiben.

Parallel zu den vorgeschlagenen Verschärfungen des materiellen Strafrechts und der Stärkung einer effizienten Strafverfolgung erscheint es uns in der Tat dringend geboten, den Opferschutz erheblich auszubauen. Ich verkenne nicht die Reformschritte, die in diese Richtung bereits gesetzt wurden, sie sind aber dringend ausbauwürdig und -fähig. Insbesondere bedarf es einer verbesserten Information der Opfer über ihre Rechte und Möglichkeiten und ihre Stellung im Verfahren. In prozessualer Hinsicht sollte – auch das ist heute bereits mehrfach erwähnt worden – die Stellung des Geschädigten im Strafverfahren als solchem, insbesondere auch durch eine Neugestaltung und Belebung des Adhäsionsverfahrens, verbessert werden, wie das auch jüngst beim 13. Österreichischen Juristentag diskutiert und gefordert worden ist. Das sollte es nebenher dem Opfer auch erleichtern, seine Ansprüche durchzusetzen, ohne den kostspieligen zivilprozessualen Weg beschreiten zu müssen.


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