Bundesrat Stenographisches Protokoll 636. Sitzung / Seite 132

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Der Schadenswiedergutmachung wird neben den anderen Interessen der Opfer, zu welchen auch eine ideelle Genugtuung gehört, dabei besonderes Augenmerk zukommen. Bei der Umsetzung dieser Diversion geht es daher nicht um den Bereich gefährlicher Straftäter – diese sollen auch in Hinkunft mit besonderer Härte ihrer gerechten Strafe zugeführt werden –, sondern um leichte Verstöße und weniger gefährliche Täter.

Meine Fraktion unterstützt die von mir sehr ausführlich dargestellten Überlegungen und vom Herrn Justizminister ausgearbeiteten Vorschläge und Maßnahmen im Bereich Diversion, ohne damit gleich sämtliche Formulierungen als ausformuliert zu erklären. (Beifall bei der SPÖ.)

18.01

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Peter Böhm das Wort. – Bitte.

18.01

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Auf die gesellschaftspolitische Brisanz des sexuellen Mißbrauchs von Kindern ist bereits ausführlich genug hingewiesen worden – das ist nicht mein primäres Thema. Das schon deshalb nicht, weil diesem Problem auf allen gesellschaftlichen Ebenen begegnet werden muß; auch in Bereichen, für die der Bundesminister für Justiz nicht zuständig ist.

So sehr es sich demnach auch von selbst versteht, daß das Recht im allgemeinen und das Strafrecht im besonderen als Ultima ratio staatlicher Reaktion kein Allheilmittel bildet, so unverzichtbar ist diese aber gerade bei der Bekämpfung des sexuellen Mißbrauchs von Kindern. Hiebei handelt es sich schon vom sozialethischen Unrechtsgehalt her um ein so schwerwiegendes Delikt, daß nach meiner Überzeugung die meisten Begünstigungen, die das materielle Strafrecht dem Täter sonst gewährt, bei diesem Verbrechen nicht in Betracht kommen.

Das gilt an erster Stelle für den mehrfach angesprochenen außergerichtlichen Tatausgleich, der durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1996 auch auf erwachsene Täter und auch auf Delikte, die mit mehr als fünfjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind, ausgedehnt worden ist. Selbst wenn diese Maßnahme an sich vertretbar wäre, scheint sie mir bei Sexualdelikten unvertretbar zu sein, denn eine Wiedergutmachung wie in anderen Fällen ist bei sexuellem Mißbrauch an sich nicht vorstellbar.

Desgleichen verbieten sich hier meines Erachtens auch die Verhängung bloß bedingter Strafen und grundsätzlich auch bedingter Strafnachlaß und vorzeitige Haftentlassung. Ganz im Gegenteil: Es müßte die vorsätzliche Begehung von Straftaten an Kindern einen besonderen Erschwerungsgrund bei der Strafzumessung bilden.

Damit ist es aber noch nicht getan. So gewiß die Ausmessung einer auf den Einzeltäter bezogenen Strafe originäre Aufgabe des unabhängigen Richters ist und immer bleiben muß, so wenig kann übersehen werden – Frau Kollegin Dr. Riess-Passer hat es ja schon erwähnt –, daß die Strafpraxis auf diesem Gebiet vielfach zu milde und insofern für die Bevölkerung unverständlich ist. Sie verletzt ihr Gerechtigkeitsempfinden und ist damit auch nicht sozialverträglich. Es wird daher kein Weg daran vorbeiführen, die Strafgrenzen bei geschlechtlicher Nötigung angemessen zu erhöhen. Der Gleichstellung mit der "schweren Nötigung" käme die gebotene gesellschaftspolitische Signalwirkung zu. Eine allfällige Anhebung auch der Untergrenze hätte indirekt Einfluß auf die richterliche Strafpraxis. Bei besonders schweren Fällen von Kindesmißbrauch und bei Kinderpornographie wäre die Erstreckung des Strafrahmens bis zur lebenslangen Freiheitsstrafe inklusive ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Die Verjährung von Delikten an Minderjährigen dürfte keinesfalls vor Eintritt der Volljährigkeit des Opfers zu laufen beginnen und sollte frühestens zwei oder drei Jahre danach enden. Eine solche Gesetzesänderung hat der Herr Bundesminister auch bereits angekündigt.

In bezug auf Strafvollzug und sichernde Maßnahmen trage ich folgende rechtspolitische Vorschläge vor: Aus der Natur dieser Delikte ergibt sich, daß Hafterleichterungen wie vor allem der sogenannte Freigang hier nicht zu gewähren sind. Für die Zeit nach der Haftentlassung sollte die heute auch schon erwähnte Führungsaufsicht vorgesehen werden. So ließe sich an periodi


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