Bundesrat Stenographisches Protokoll 636. Sitzung / Seite 144

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Die Unerträglichkeit an dieser Sache ist, daß ein verurteilter Kinderschänder eine öffentlich subventionierte Bühne zur Verfügung gestellt bekommt und ihm dort Gelegenheit gegeben wird zu sagen, er wäre sozusagen ein Verfolgter der Justiz. Der Staatssekretär, der für Kunst und Kultur zuständig ist, und im übrigen auch alle anderen Regierungsmitglieder schweigen dazu. Herr Staatssekretär Wittmann meint sogar, die Politik sollte sich nicht in die Gestaltung der Häuser einmischen. Ich glaube, das ist ein bißchen billig. Wir sprechen hier nämlich nicht von einer privaten Bühne, auf der Herr Mühl aufgetreten ist und der Verhöhnung der Justiz frönen konnte, sondern wir sprechen von einer, wie ich schon gesagt habe, subventionierten Bühne, von einem subventionierten Direktor, der dieses zuläßt, der diesem – ich sage es noch einmal – Kinderschänder die Gelegenheit gibt, sich dort auszulassen und die Justiz anzuprangern.

Im Vorfeld dieser Veranstaltung sind von der Ensemblevertretung – sie hat sich gegen diese Veranstaltung ausgesprochen – Flugzettel verteilt worden, auf denen die Schauspieler dezidiert darauf hinweisen, daß sie sich seit langem gegen diese Veranstaltung ausgesprochen haben. Robert Meyer, ein Schauspieler des Burgtheaters, schreibt auf diesem Zettel auch: "Vergessen Sie für den heutigen Abend die Opfer" – hier geht es um die Opfer des Otto Mühl –, "sonst könnte Ihnen das Lachen im Halse steckenbleiben."

Damit aber nicht genug wird dort auch das Buch, das er im Gefängnis geschrieben hat: "Aus dem Gefängnis 1991 – 1997", verkauft, in dessen Vorwort auch gesagt wird, daß Mühl ein Opfer der Justiz geworden sei. Es geht überhaupt nicht darum, welche Verbrechen er begangen hat – und wir haben gerade vor einer Stunde darüber gesprochen, wie entsetzlich Kindesmißbrauch, Vergewaltigung et cetera sind –, nein, dort wird nur von einem Opfer der Justiz gesprochen.

Michel Ohnfray schreibt in seinem Vorwort: "Das triste Tafelbild einer sexuellen Jagd ist heute um die Person Otto Mühls zu erweitern – kompromißloser Künstler des Wiener Aktionismus, Enfant terrible radikaler österreichischer Ästhetik, der sich der Verschmelzung von fundamentalen künstlerischen Ansprüchen und der eigenen Existenz mit Leib und Seele widmet. Denn es darf nicht vergessen werden, daß Otto Mühl von 1991 bis 1997 mehr als zweitausendfünfhundert Tage in österreichischen Gefängnissen verbrachte, weil er sexuelle Beziehungen mit jungen Mädchen der Kommune unterhielt."

Das ist schon einmal total verharmlosend, denn ein junges Mädchen könnte auch eine Siebzehnjährige sein.

Dann geht es weiter, denn damit ist es noch nicht zu Ende: "Wobei zu beachten ist, daß sie" – nämlich die sexuellen Beziehungen, das, was wir anprangern, denn das waren nämlich nicht junge Mädchen, sondern Minderjährige – "im Rahmen einer künstlerischen, ethischen und politischen Gemeinschaft stattfanden, in der alles geteilt wurde, auch die Sexualität."

Das heißt, man gibt quasi dem Otto Mühl einen Freibrief, daß er das eben im Rahmen seiner sexuellen Freiheit und seiner Kommune gemacht habe.

Weiters steht dann in diesem Vorwort: "Der Staat, seit Jahrzehnten der Eskapaden des Aktionisten überdrüssig, nützte die Gelegenheit und beschloß durch seine Gerichte sieben Jahre Haft."

Das heißt, und so wird es hier dargelegt: Nicht ein unabhängiges Gericht hat ihn aufgrund von Straftaten verurteilt, sondern es handelt sich um eine Verfolgung eines unliebsamen Künstlers durch die Justiz. Das kann es wohl nicht sein, das darf ja wohl nicht wahr sein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Auch der ORF hat in einem Beitrag in der Sendung "Treffpunkt Kultur" nichts anderes zu tun gewußt, als diesen unfaßbaren Satz zu sagen, daß er an den Normen des Strafrechtes gescheitert sei. Der ORF, der einen öffentlichen Bildungsauftrag hat, sagt, Mühl sei an den Normen der Justiz gescheitert, als ob das ein Bagatelldelikt wäre!

Herr Otto Mühl zeigt aber auch selbst kaum Reue. Es ist nicht so, daß er selbst das Gefühl hat, etwas strafrechtlich Verbotenes begangen zu haben. Er selbst fühlt sich auch als Opfer der Justiz. So antwortet er beispielsweise in einem Interview der "Presse" vom 17. Jänner im


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