Bundesrat Stenographisches Protokoll 636. Sitzung / Seite 162

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Ich möchte über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehend sagen: Dies ist meine Einstellung zur Behandlung von Menschen untereinander und meine Lebensweise nicht  – ohne daß ich mich da besonders hervortun will. Für diese straffälligen Angelegenheiten ist dieser Herr Otto Mühl verurteilt worden. Wir wissen selbstverständlich auch, daß Urteile von denjenigen, gegen die sie gerichtet sind, nicht gerne angenommen werden. Ich nenne keine Namen, möchte aber darauf hinweisen, daß wir aus allen Richtungen Verurteilte – in welcher Instanz auch immer – kennen, die dann das Gericht, die Gesetzgebung, den Staat und die Politik dafür beschuldigt haben, daß dieses oder jenes Urteil so oder so gefällt wurde. Gott sei Dank war ich noch nie in der Lage eines Verurteilten; wahrscheinlich glaubt man dann immer, recht zu haben. – Das also zu diesem Urteil.

Nun zu dieser Veranstaltung, meine Damen und Herren, bei der ich natürlich auch als Bad Ausseer nicht anwesend war, ich wäre aber auch als Wiener nicht hingegangen, und ich werde und würde kein Bild kaufen: Das ist unsere Gesellschaft. Eigentlich möchte ich – obwohl Sie jetzt meine ersten Ausführungen gehört haben, auch über die Einstellungen – jedem einzelnen sagen: Ob dieses Bild als Kunstwerk zu betrachten ist oder nicht, das wird die Gesellschaft oder die Geschichte à la longue – so oder so, nehme ich an – schon richtig herausstellen. Es hat auch andere Maler und Literaten gegeben, deren Lebenshaltung – wenn man ihre Geschichte ansieht – ebenfalls nicht mit der unseren übereinstimmt. Aber davon wurde vieles vergessen, und im Laufe der Geschichte ist einer dann doch irgendwie ein anerkannter Künstler geworden.

Ich würde also diese Veranstaltung nicht besuchen. Aber ich schaue auch nicht, wer dort hingegangen ist, und kann nun nicht beurteilen, ob das links, rechts, oben oder unten in unserer Gesellschaft gewesen ist. (Bundesrat Dr. Harring: Eher links!) Aber es hat ein ziemlich volles Haus in der Burg gegeben, das ist eine Tatsache. Sollte dieser Herr Mühl Aussagen gemacht haben, die wiederum Tatbestände zur rechtlichen Verfolgung bieten, dann sollte dies wahrgenommen und von jemandem getan werden. (Bundesrat Dr. Böhm: Das würde ich so nennen!) Ich war auch wiederum nicht dort und habe das nicht einmal im Fernsehen gesehen, aber man hört all das aus den Medien. Dieser Meinung bin ich auch.

Aber auf der anderen Seite bitte ich alle auch um Verständnis dafür – wenn Sie halbwegs dem zustimmen, was ich gesagt habe –, daß es nicht eine Partei geben kann, die das befürwortet, und eine andere, die dagegen ist, sondern wir können in diesem Hause – auch wenn wir unsere Familienverhältnisse nicht kennen, und diese gehen letzten Endes ohnehin niemanden etwas an – eine Einstellung haben, die nicht unbedingt mit jener von Otto Mühl übereinstimmt. Ich glaube, das für viele sagen zu dürfen, ohne mir dieses Recht herauszunehmen.

Es scheint mir aber sehr schwierig zu sein, die Frage des staatlichen Eingriffs, der Verhinderung, der Lenkung, der Aufstellung eines Planes zu behandeln. Denn ich glaube, daß es nicht der Staat oder die Politik oder die Regierung oder ein Minister sein sollte, der dort eingreift, sondern wir als Gesellschaft. Ohne mit jemandem gesprochen zu haben, glaube ich auch nicht, daß es diese Herren waren, die diesen Punkt auf die Tagesordnung der Burg gesetzt haben oder Übereinstimmung oder Ablehnung zu erkennen gegeben haben. Das ist geschehen, meine Damen und Herren!

Ich möchte die Frage stellen: Wo endet die Einflußnahme der Politik in Dinge, die irgend jemand als Kunst bezeichnet? – Wir haben leidvolle Zeiten in der Geschichte erlebt – ob das links oder rechts war –, in denen Politik bestimmt hat, was Kunst ist. Vor dieser Grenze der Entscheidung habe ich eher das Gefühl, daß wir als gesunde Gesellschaft, als wirklich weitgehend gesunde Gesellschaft selbst Urteile bilden werden, die der Einflußnahme der Politik in die unmittelbare Gestaltung nicht bedürfen. Das ist meine Meinung zu diesem Problem.

Sie haben einige Male gesagt: Wir betreiben jetzt Werbung. Betreiben wir nicht alle Werbung, indem dieser Name genannt und von ihm in den Zeitungen wieder berichtet wird? – Lassen wir die Gesellschaft mit unserer Meinung und unserer Diskussion, in die wir auch eintreten können, jetzt und in Zukunft ein Urteil darüber bilden, was die künstlerische Seite betrifft, und lassen wir unsere Gesetze und das Recht beurteilen, was Seite und Pflicht des Gesetzes ist, um dieses Problem, das jetzt in Diskussion steht, zu lösen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.26


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