Bundesrat Stenographisches Protokoll 636. Sitzung / Seite 161

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Berichterstattung über dieses Ereignis in einer anderen Form darzustellen? (Bundesrat Mag. Gudenus: Gleichgewichtig!) Wie würden wir denn diesen Eingriff nennen? (Bundesrat Mag. Gudenus: Förderung!) Sprechen wir in diesem Fall dann nicht von Zensur, sondern ist dieser Eingriff gerechtfertigt?

Es ist meiner Ansicht nach eine sehr gefährliche Forderung, daß die Politik festzustellen hat, was Kunst sein darf und was nicht. (Bundesrat Mag. Gudenus: Das tun Sie ja!) Sie darf aber keine Eingriffsmöglichkeit dahin gehend erhalten, daß die Kunst einem Verbot unterliegt und daß die Berichterstattung über die Kunst einem Verbot unterliegt. Es darf nicht der Politik obliegen, hier aufgrund von nicht zu verharmlosenden, sondern zu verurteilenden Straftaten nicht in irgendeiner Weise dies zu verharmlosen oder gutzuheißen. (Bundesrätin Mühlwerth: Das tut er ja selbst!)

Aber hier geht es nicht um ein schon festgestelltes Verbrechen, sondern es geht darum, daß jemand, der für dieses Verbrechen gesühnt hat, eine Lesung an einem Theater gehalten hat (Bundesrat Mag. Gudenus: Das ist ja das Gegenteil von Zensur! Das ist Förderung!) und diese Lesung dem Direktor in seiner autonomen Entscheidung darüber, ob er sie zuläßt oder nicht, zugestanden ist, aber keine wie immer geartete Förderung durch die politischen Stellen erhalten hat.

Ich möchte nochmals darauf hinweisen: Hier geht es darum, daß man, wenn man dem Direktor jene autonome Entscheidung nicht zugesteht, sehr wohl einen Eingriff in seine künstlerische Freiheit vornimmt – nicht in die des Künstlers, sondern in die Entscheidung des Direktors über die Gestaltung des künstlerischen Spielplans, und dann ist das losgelöst vom Problem des Menschen Otto Mühl zu sehen –, und das ist sehr gefährlich. Ob ich der Politik diese Möglichkeit einräumen möchte, das möchte ich einmal bezweifeln. Ich glaube aber auch, daß es entgegen den hier immer sehr schnell formulierten und in der öffentlichen Auseinandersetzung auch sehr leicht argumentierbaren Forderungen nach Verboten schwieriger ist, sich diesen Forderungen entgegenzusetzen, als diese Forderungen aufzunehmen und in der Argumentation zu verwenden.

Ich denke, wenn man für die Kunst verantwortlich ist, dann gilt das auch für Herrn Peymann und seinen künstlerischen Spielplan sowie dafür, daß man diesen Spielplan nicht durch permanente Eingriffe verändert. (Bundesrat Mag. Gudenus: Permanent nicht!) Ich glaube, daß es auch eine Verantwortlichkeit der Politik gibt, diese künstlerische Freiheit zu gewährleisten. Es gibt auch die Verantwortlichkeit, diese künstlerische Freiheit dann zu gewährleisten, wenn sie unbequem und in vielen Fällen die Person, die dahintersteht, zu verurteilen ist. Aber diese Freiheit wollen wir uns alle doch bewahren und nicht durch Interventionen, durch Eingriffe oder durch andere Möglichkeiten einschränken, die darauf hinauslaufen, die Kunst nur dann zuzulassen, wenn sie niemanden stört. Diese Freiheit sollte uns erhalten bleiben. (Beifall bei der SPÖ.)

20.19

Präsident Ludwig Bieringer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Erhard Meier. Ich erteile es ihm.

20.19

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Ich habe mich trotz der späten Stunde noch zu Wort gemeldet, weil ich einfach das sagen möchte, was ich zu diesem Fall denke. Es gehört von meiner Seite auch kein Mut dazu, dies zu tun.

Erstens denke ich, daß die Gesetze unseres Staates einzuhalten sind und auf gesetzlicher Basis Maßnahmen dafür getroffen werden müssen, daß Verfehlungen gegen das Gesetz zu entsprechenden Urteilen führen. Ich kenne diese damalige Kommune nur aus der Presse und aus den Medien. Wie viele andere Österreicher habe auch ich davon gehört, und ich möchte dazu eines sagen: Das Tragische bei solchen Gemeinschaften sowie auch in anderen Sekten ist, daß neben Erwachsenen, die in irgendeiner Weise und aus irgendwelchen Einstellungen heraus in diesen Kreis eintreten – sie können nicht alle mit brachialer Gewalt dazu gezwungen werden –, auch deren Kinder in einer solchen Gemeinschaft aufwachsen und nach unserem Empfinden das erleiden müssen, was wir nicht verstehen.


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