Bundesrat Stenographisches Protokoll 637. Sitzung / Seite 32

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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster Redner ist Herr Bundesrat Steinbichler zu Wort gemeldet. – Bitte.

11.44

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Dem Ziel eines kontinuierlichen Ausstiegs aus der Atomenergiepolitik sollten wir in unserer täglichen politischen Arbeit verstärkt unser Augenmerk schenken. Die Bundesregierung sollte versuchen, in Zukunft bei den Entscheidungsprozessen vor allem im Hinblick auf die Osterweiterung verstärkt für ein kernenergiefreies Mitteleuropa einzutreten. Die Reduktion bestehender und die Vermeidung zusätzlicher grenznaher Atomkraftwerke muß das mittelfristige Ziel der Arbeit der nächsten Jahre sein.

Mit der Erarbeitung von Ausstiegskonzepten muß jenen Ländern, die Bereitschaft zeigen, diesen Weg zu gehen, Unterstützung gegeben werden. Die Bundesregierung muß ihren Einfluß auf die Finanzierungsinstitutionen der EU ausüben, damit diese Konzepte finanziert werden und nach Möglichkeit keine Kredite mehr für den Ausbau der Kernenergie in Mittel- und Osteuropa vergeben werden.

Die Stillegungsoptionen sollten vor allem bei den AKW Dukovany, Temelin, Paks, Bohunice, Mochovce und Krško verfolgt werden. In diesem Zusammenhang ist auch ein Brief des Herrn Vorstandsvorsitzenden der Bayernwerke AG, Dr. Majewski, an den oberösterreichischen Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer von Bedeutung, in dem Herr Direktor Majewski auf Anfrage von Landeshauptmann Pühringer erklärt, daß aufgrund der bestehenden Kapazitäten bis zum Jahr 2010 kein zusätzlicher Energiebedarf besteht.

Unsere klare Antiatompolitik in Oberösterreich richtet sich gegen alle Atomkraftwerke in Grenznähe, was nicht nur mit der sofortigen Reaktion auf die Meldungen aus Bayern belegbar ist, sondern besonders auch damit, daß Oberösterreich bereits offiziell mit Herrn Radko Pavlovec auf Werkvertragsbasis einen eigenen Temelin-Beauftragten installiert hat. Die Hauptaufgaben dieses Sonderbeauftragten sind im wesentlichen die Verhinderung der Inbetriebnahme des im Bau befindlichen AKWs Temelin und das Hinwirken auf eine möglichst baldige Stillegung vorhandener grenznaher Atomanlagen sowie auf Abbruch aller Projekte zur Fertigstellung solcher Anlagen. Dies gilt ausdrücklich auch für das geplante Atommüllager beim AKW Dukovany.

Zum geplanten Atommüllager Dukovany hat Herr Landeshauptmann Dr. Pühringer umgehend den Verfassungsdienst des Landes mit der Prüfung aller rechtlichen Möglichkeiten zur Verhinderung dieses Lagers beauftragt. Darüber hinaus wurde auch das Bundeskanzleramt offiziell um Prüfung aller rechtlichen Möglichkeiten zur Verhinderung des Atommüllagers Dukovany gebeten.

Ein wesentlicher Punkt unseres Antrages ist auch das Ersuchen an die Bundesregierung zur Schaffung einer globalen Organisation für erneuerbare Energieträger und zur Schaffung von Organisationsstrukturen zur Förderung erneuerbarer und nachhaltiger Energien. Neben Windkraft und Sonnenenergie sind es vor allem die nachwachsenden Rohstoffe, die ein großes, zum Teil noch ungenutztes Potential bieten, im Energiebereich als Ersatz für Atomenergie eingesetzt zu werden. Vor allem die nachwachsenden Rohstoffe tragen zur Reduktion der CO2-Belastung bei und bieten im Bereich der Beschäftigung – ein sehr wichtiges und aktuelles Thema – laut einer Studie von Heinz Kopetz allein in Österreich ein Potential von rund 50 000 zusätzlichen Arbeitsplätzen.

Für sinnvoll erachte ich auch das im Antrag formulierte Ersuchen um Berichterstattung an den Bundesrat über den jeweiligen Fortschritt und den aktuellen Stand der Verhandlungen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! In der wichtigen Thematik Atomenergiepolitik, in dieser wichtigen Sache, die nicht nur unsere Generation betrifft, sondern besonders aus Sicht der Atommüll-Endlager leider auch unsere Kinder und Enkel belastet, darf ich auf den einstimmigen


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