Bundesrat Stenographisches Protokoll 637. Sitzung / Seite 33

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Fünf-Parteien-Beschluß des Nationalrates vom Herbst 1997 verweisen und bitte alle Fraktionen um Zustimmung. (Allgemeiner Beifall.)

11.49

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Scherb. – Bitte.

11.49

Bundesrat Mag. Walter Scherb (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrtes Hohes Haus! Ich muß mich vorab für meine angeschlagene Stimme entschuldigen.

Die österreichische Politik hat auf Bundes-, aber natürlich auch auf Landesebene in den letzten Monaten und Jahren in Form von Regierungserklärungen und parlamentarischen Entschließungen eine aktive Abkehr von der Atomenergiepolitik gefordert. In diesem Zusammenhang möchte ich auf unseren Antrag vom 20. November hier in diesem Haus verweisen, im Zuge dessen ich auch den einstimmigen Beschluß des Oberösterreichischen Landtages zur Kenntnis gebracht habe, gegen das Atomkraftwerk in Temelin vorzugehen. Dieser Antrag ist leider von diesem Hohen Haus abgelehnt worden.

Ziel all dieser Bemühungen ist natürlich der Schutz der Gesundheit, die Bewahrung der Umwelt und vor allem der Schutz der Natur vor irreparablen Schäden.

Ein einschneidendes Erlebnis für uns alle war der Atomreaktorunfall in Tschernobyl vor 13 Jahren, durch welchen auch weite Teile Österreichs verseucht worden sind.

Jüngste Störfälle in ukrainischen Atomkraftwerken – in Riwne und in Kursk – zeigen die Gefahr der Atomenergie. Es ist natürlich kein Zufall, daß immer wieder insbesondere östliche AKWs von diesen Störfällen betroffen sind. Es zeigt sich, daß das Aufeinanderprallen von veralteten östlichen Sicherheitsvorkehrungen und westlichen Sicherheitsmaßnahmen zu fatalen Zwischenfällen führt und im Grunde nicht funktioniert.

Erfreulich ist, daß auf europäischer Ebene ein vermehrtes Umdenken in puncto Atomenergie um sich greift. Ich verweise etwa auf Frankreich, das vor kurzem den Ausstieg aus dem Projekt "Superphenix" beschlossen hat.

Als Realist sehe ich natürlich, daß spätestens seit dem EU-Beitritt Österreichs Atomstrom aus anderen EU-Ländern bereits Bestandteil des österreichischen Stromnetzes ist. Die Bundesregierung muß daher auf europäischer Ebene eine Vorreiterin und Lobbyistin dafür sein, daß die aktiven europäischen Kernkraftwerke die höchsten Sicherheitsstandards aufweisen und daß vor allem die Entsorgungskosten und die Stillegungskosten dieser Kernkraftwerke – also der westeuropäischen Kernkraftwerke – durch verpflichtende Rückstellungen in die laufende Strompreiskalkulation aufzunehmen sind, um wenigstens in dieser Hinsicht eine Art Gleichklang und gerechtere Wettbewerbsbedingungen für Nicht-Atomstrom-Kraftwerke sicherzustellen.

Zusätzlich bietet sich natürlich die bevorstehende EU-Osterweiterung dafür an, daß die österreichische Regierung entsprechende Bedingungen für den Beitritt der mittel- und osteuropäischen Staaten stellt. Diese Forderungen der Regierung müßten lauten:

Die beitrittswilligen Staaten haben zu Beginn konkreter Aufnahmegespräche verbindliche Atomausstiegskonzepte vorzulegen. Spätestens bis zum Zeitpunkt ihres Beitrittes haben die beitrittswilligen Staaten nachzuweisen, daß der Atomausstieg vollzogen ist. – In diesem Punkt unterscheidet sich unser Entschließungsantrag sehr stark von dem bereits vorliegenden Entschließungsantrag.

Weitere Forderungen: Die Schaffung von Finanzierungsinstrumenten in den zuständigen EU-Organen zur Umsetzung der Ausstiegskonzepte ist voranzutreiben, und die Bundesregierung soll weiterhin darauf hinwirken, daß die Europäische Union nach dem Vorbild der Weltbank keine Kredite für den Ausbau der Kernenergie mehr vergibt und generell keine finanziellen Mittel


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