Bundesrat Stenographisches Protokoll 637. Sitzung / Seite 103

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zuführen, daß wir den größten Anteil an der EU-Ostgrenze haben – über 1 300 Kilometer. Wie Sie schon gesagt haben: In Niederösterreich haben wir ungefähr 400 Kilometer.

Wir sollten uns aber vor Augen führen, meine Damen und Herren, daß seinerzeit die Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, aus der sich dann die EU entwickelt hat, konzeptuell auf ganz Europa angelegt und nie auf die heutigen Mitgliedstaaten beschränkt waren. Kollege Waldhäusl! Ich würde Ihnen empfehlen, einmal die Römischen Gründungsverträge zu lesen.

Was derzeit innerhalb der EU diskutiert wird, ist keine strategische Neuorientierung der Europäischen Union, sondern der Versuch der Vollendung eines europäischen Einheitswerkes – sicherlich verspätet durch den kalten Krieg.

Meine Damen und Herren! Wir müssen ehrlich zugeben – die Frau Staatssekretärin hat es schon erwähnt, ich greife es aber noch einmal auf, damit Sie es sich auch merken, Kollege Waldhäusl –, daß es die österreichische Wirtschaft war, die von der Ostöffnung seit 1989 am meisten profitiert hat: ein zusätzlicher Wachstumsschub von 2,4 Prozent in den letzten sechs Jahren (Bundesrat Dr. Tremmel: Ich sehe aber, wie die Leute im Vergleich zum Vorjahr heuer weniger haben!)  – Sie sollten es sich auch merken, Kollege! –, eine Steigerung der Ostexporte von 267 Prozent auf 50 Milliarden Schilling, Schaffung von rund 56 000 zusätzlichen Arbeitsplätzen, mehr als 50 Milliarden Schilling an Direktinvestitionen. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Tremmel. )

Kollege Waldhäusl hat vorhin den Generalsekretär der Industriellenvereinigung zitiert. – Ich würde Ihnen empfehlen, in Ihrem Klub nachzuschauen, da wird sicherlich die "Wiener Zeitung" aufliegen, in dieser steht nämlich genau das Gegenteil. Ich möchte hier zitieren: "Lorenz Fritz, Generalsekretär der Industriellenvereinigung, meinte bei einer Pressekonferenz gestern, daß die Osterweiterung die historische Chance ist für Österreich." Sie brauchen sich nur die Außenhandelsstatistik in der Zeitung anzuschauen und die Anteile, die wir in den letzten sechs, sieben Jahren erreicht haben.

Meine Damen und Herren! Obwohl viele Vorteile der Osterweiterung durch das Europa-Abkommen der EU mit den Ostländern bereits konsumiert wurden – ich denke hierbei an die Liberalisierung des Warenverkehrs, an die Lockerung der Zollschranken –, bedeutet nach einer Studie der Universität Linz die Ostöffnung einen weiteren Wachstumsimpuls von knapp 1 Prozent.

Meine Damen und Herren! Daß die niederösterreichischen Arbeitnehmer davon profitiert haben, zeigt eine Wifo-Studie vom November vorigen Jahres, die zeigt, daß gerade die drei Bundesländer im Osten Zuwachsraten bei den Arbeitsplätzen gehabt haben – in Niederösterreich waren es 0,5 Prozent.

Kollege Waldhäusl! Der Vorwurf der Freiheitlichen, daß die Bundesregierung und auch der Landeshauptmann von Niederösterreich doppelzüngig sprechen, nämlich im Ausland für die Osterweiterung und im Inland dagegen, läuft ins Leere. Meine Damen und Herren! Das gehört zur Mistkübelkampagne der Freiheitlichen (Bundesrat Waldhäusl: Jessas!) anläßlich des niederösterreichischen Landtagswahlkampfes. Wenn man kein Programm hat, Kollege, bleibt einem halt nichts anderes übrig, als Videos zu produzieren beziehungsweise anonyme Anzeigen zu machen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ. – Bundesrätin Haunschmid: Wer macht jetzt Wahlkampf? – Zwischenruf des Bundesrates Dr. Tremmel. )

Gerade die Volkspartei und die Sozialpartner waren es – ich denke an die Studie der Bundesarbeitskammer, die Studie der Wirtschaftskammer und jene der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern –, die schon im vergangenen Jahr nicht nur zur Agenda 2000 Stellung genommen, sondern auch klargelegt haben, welche Risken und welche Chancen von der Ostöffnung zu erwarten sind. Es war die Volkspartei in Niederösterreich, und – ich kann stolz darauf sein – es war der niederösterreichische Wirtschaftsbund, die bereits voriges Jahr im Sommer eine Resolution auf die Einführung eines Sonderprogramms in den Grenzgebieten beschlossen haben. Ich bin dankbar, daß es die Landesregierung und die Bundesregierung übernommen haben, ein entsprechendes Memorandum an die Kommission heranzutragen, um ein


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