Bundesrat Stenographisches Protokoll 637. Sitzung / Seite 153

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gebenermaßen schwer, in Anbetracht der doppelten Herausforderung einer ebenso internationalistischen wie nationalistischen Umwelt klug zu reagieren. Wir können aber durchaus zufrieden feststellen, daß Mechanismen gefunden wurden, die auf eine friedliche Entwicklung im europäischen Osten und Südosten hoffen lassen. Die OSZE leistet auf diesem Gebiet Großes, der Europarat bewältigt die neuen Herausforderungen beachtenswert, und die Projekte der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung helfen, letztendlich von Armut und Not zu befreien. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit fördert das gegenseitige Verstehen und beeinflußt die Chancen von Volksgruppen auf Pflege ihres kulturellen Erbes in ganz besonderem Maße.

Zu diesen wenigen genannten Beispielen für ein besseres Zusammenleben gesellt sich nun das heute vorliegende Rahmenabkommen zum Schutz nationaler Minderheiten. Wenn alle Maßnahmen wie Zahnräder ineinandergreifen, dann werden wir eine Weiterentwicklung der neuen Demokratien auch im Sinne der von uns als selbstverständlich erachteten Menschenrechte erreichen können.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Schluß noch auf einen Vorwurf, den man immer wieder hört, eingehen: Es wird von vielen Seiten bedauert, daß man in diesem Abkommen nur den kleinsten gemeinsamen Nenner für Verpflichtungen gefunden hat. Ich glaube, wir sollten dabei aber bedenken, daß wir, wenn wenigstens dieser kleinste gemeinsame Nenner in vielen der mittel- und osteuropäischen Länder zum Tragen käme, wesentlich beruhigter in die Zukunft schauen könnten. – Daher wird meine Fraktion den Anträgen des Berichterstatters gerne die Zustimmung erteilen.

Zu guter Letzt: Artikel 6 Abs. 1 des Rahmenabkommens besagt: "Die Vertragsparteien fördern den Geist der Toleranz und des interkulturellen Dialogs und treffen wirksame Maßnahmen zur Förderung der gegenseitigen Achtung und des gegenseitigen Verständnisses sowie der Zusammenarbeit zwischen allen in ihrem Hoheitsgebiet lebenden Menschen, unabhängig von deren ethnischer, kultureller, sprachlicher oder religiöser Identität, und zwar insbesondere in den Bereichen Bildung, Kultur und Medien."

Meine Damen und Herren! Wenn wir allein das in der vollen Bedeutung der verwendeten Worte umsetzen, dann hätten wir Gewaltiges geleistet für ein Zusammenleben in Würde, Anstand und Menschlichkeit! – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.05

Präsident Ludwig Bieringer: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Peter Rieser. Ich erteile ihm dieses.

21.05

Bundesrat Peter Rieser (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Österreich war und bleibt ein weltoffenes Land. Viele Tausende Ausländer haben in den letzten Jahrzehnten hier eine neue Heimat gefunden. Ausländische Arbeitnehmer haben in jahrelanger Arbeit hierzulande einen Beitrag zum Fortschritt geleistet und sich persönliche Grundlagen für eine bessere Zukunft in ihrer Heimat geschaffen.

Ihnen allen galt und gilt in gleicher Weise der Schutz, die Vorsorge dieses Staates. Weltoffenheit, soziale Gerechtigkeit gegenüber allen Mitmenschen, aber auch Toleranz und Gewissensfreiheit sind die Kennzeichen einer christlichen alpenländischen Kultur. Sie ist das geistige, wehrhafte Fundament für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft.

Für unsere Fraktion ist die europäische weltoffene Kultur des Verstandes und des Herzens auch Grundlage jeglichen politischen Handelns und des friedlichen Zusammenlebens der Menschen. Christentum, Humanismus und Aufklärung gebieten Toleranz. Diese Werte wollen wir erhalten, Weltordnung und Toleranz müssen wir auch respektieren. Wir schaffen Anlässe, daran zu erinnern, wir diskutieren darüber und besinnen uns in diesem Sinne: Die Frau Vizepräsidentin hat in ihren Ausführungen treffend auch das Jahr 1938 erwähnt, ebenso hat heute zu Beginn dieser Sitzung der Herr Bundespräsident das Schicksal dieser Zeit geschildert.


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