Bundesrat Stenographisches Protokoll 637. Sitzung / Seite 154

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Die EU steht als Wohlstandszone in Europa unter wachsendem Zuwanderungsdruck. In einem Wirtschafts- und Rechtsraum ohne Binnengrenzen lassen sich Wanderungen nur EU-weit beherrschen und regeln. Deshalb brauchen wir eine gemeinsame europäische Flüchtlingspolitik, in der gesamteuropäische Interessen vertreten werden. Unser Europa kann nur dann in Freiheit und Frieden weiterleben, wenn es die Kraft zur Einigung findet. Ein geeintes Europa war und bleibt für uns nach den Katastrophen dieses Jahrhunderts eine grundlegende Voraussetzung für eine gesicherte Zukunft aller Völker. Nur ein bürgernahes, starkes und entscheidungsfähiges Europa bewahrt den Völkern unseres Kontinents ihre Unabhängigkeit und sichert ihre weltpolitische Handlungsfähigkeit. Die großen Zukunftsaufgaben Europas lassen sich nicht mit dem Mittel des nationalen Staates allein lösen. Europa muß gemeinsam Frieden und Freiheit sichern. Es kann nur gemeinsam die Sicherung und Erhaltung unserer Exportmärkte gewährleisten, die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit, vor allem gegenüber den technischen, industriellen Hochleistungsregionen Nordamerikas und des Fernen Ostens, stärken und so den Wohlstand sichern.

Hohes Haus! Gemeinsam mit unseren westlichen Partnern müssen wir Wege finden, den jetzt freien Völkern Mittel-, Ost- und Südeuropas die geistige, politische und wirtschaftliche Heimkehr nach Europa zu ermöglichen. Es bedarf der gemeinsamen Anstrengung des gesamten Westens, um den demokratischen Kräften in den ehemals kommunistisch beherrschten europäischen Staaten zu dauerhaftem Erfolg zu verhelfen. Dies ist eine vordringliche gesamteuropäische Aufgabe. Die Stabilität der eigenen Währung, das Wachstum der eigenen Wirtschaft, die Sicherheit des eigenen sozialen Systems, aber auch eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die ein wirkungsvolles Krisenmanagement miteinschließt, sind Voraussetzungen dafür, daß die Europäische Union anderen zu helfen imstande ist.

Als christliche Partei treten wir stets für das Recht auf die angestammte Heimat als unabdingbares Menschenrecht ein und verurteilen jede Form von Vertreibung. Eine freie, friedliche und gerechte Ordnung in Europa erfordert zwingend die Schaffung eines international verbrieften Volksgruppenrechtes und eines durchsetzbaren Minderheitenschutzes. Dafür müssen wir mit aller Kraft kämpfen, denn ohne Sicherung dieser Rechte wird es keine gerechte und dauerhafte Friedensordnung auf unserem Kontinent geben.

Diese Rechte müssen vor dem Europäischen Gerichtshof einklagbar sein. Neben der religiösen finden wir die sprachliche und nationale Gemeinschaft. Es gibt heute nur wenige Staaten, die restlos einsprachig sind. Wenn wir auch über die verschiedenen Sprachen diskutieren, so glauben wir doch, daß mehrere Sprachen und deren Kenntnis auch eine Bereicherung sind. Sie eröffnen denjenigen, die in einer gemischt nationalen Gegend leben, neue Horizonte und geben ihnen nicht nur das nötige Wissen, um die Eigenheit anderer Völker kennenzulernen, sondern verleihen in diesem Geiste auch den Schliff für die Entfaltung großer Möglichkeiten. Der Kampf, der immer wieder um die Sprache in den Schulen tobt, ist weitgehend unberechtigt, denn gerade mehrsprachiger Unterricht bereitet junge Menschen besser auf das Leben vor.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Franz Josef Strauß hat einmal gesagt: Europa endet für uns weder an einem Fluß noch an einem Gebirge. Europa steht, wo Freiheit und Menschenrechte sind, und endet, wo die Wertegemeinschaft freier Völker nicht mehr gilt. – Die europäische Nation muß auf Souveränität nicht verzichten. Denn nur, wenn Europa in der Außen- und Sicherheitspolitik als Kontinent handlungsfähiger wird, werden wir unsere Rechte und Interessen in der Welt angemessen wahren. Der Binnenmarkt ohne Grenzen kann nur mit gemeinsamen sozial- und umweltpolitischen Mindeststandards funktionieren. Dazu muß auch die Bekämpfung der Kriminalität und natürlich auch der Drogen für uns oberstes Gebot sein.

Europa kann nur in Frieden und Freiheit seinen Weg ins nächste Jahrtausend gehen, wenn es die Kraft findet, gemeinsam zu handeln und das Werk seiner Einigung fortzusetzen. Die Erfahrung bestätigt diese Einsicht. – Unsere Fraktion wird diesem Entwurf gerne die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

21.13


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