Bundesrat Stenographisches Protokoll 638. Sitzung / Seite 5

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Meine Damen und Herren! Untermauern kann ich diese meine Aussage mit vielen Beispielen für Gesetzesinitiativen, die von seiten der Bundesregierung, von den Koalitionsparteien in der laufenden Legislaturperiode initiiert worden sind. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an die Werkvertragsregelung. Diese mußte in kurzer Zeit x-mal novelliert und geändert werden, und nach wie vor ist die Treffsicherheit dieser Regelung, dieses Gesetzes nicht gegeben.

Oder denken Sie an, die jüngste Gesetzesnovelle zur Straßenverkehrsordnung, welche wiederum ein eigenes Führerscheingesetz erforderlich gemacht hat. Somit waren zwei Gesetze erforderlich, die einerseits das Ziel haben, den Blutzoll, die Unfälle auf der Straße zu reduzieren, die aber andererseits inhaltlich in krassem Widerspruch zueinander stehen und am Ziel leider vorbeigehen.

Meine Damen und Herren! Aktuellstes Beispiel dafür ist die schon eingangs zitierte – das ist keine Aussage von uns, sondern ein Zitat aus der "Kleinen Zeitung Steiermark" – "Notoperation bei der Notstandshilfe". Diese soll heute wieder in einem Husch-Pfusch-Verfahren abgehandelt werden, einem Husch-Pfusch-Verfahren deshalb, meine Damen und Herren, weil die Länder keine Gelegenheit bekommen haben, zu dieser Novelle Stellung zu nehmen. Wenn die Länder auch ursprünglich ihre Stellungnahme abgegeben haben, so sind sie doch mit dieser Novelle nicht befaßt und daher nicht berücksichtigt worden. Ein Begutachtungsverfahren zu dieser Novelle, in dem auch die Interessenvertretungen Position hätten beziehen können, wurde verabsäumt. Darüber hinaus ist für diese Novelle die finanzielle Bedeckung im Budget nicht gegeben.

Meine Damen und Herren! Deshalb wird in der genannten Zeitung im Untertitel geschrieben, daß ein 700-Millionen-Loch im laufenden Haushalt aus der Arbeitslosenversicherung klafft. Wenn uns auch, meine Damen und Herren, die Frau Sozialministerin immer wieder zu erklären versucht hat, daß es sich nicht um 700 Millionen handelt, sondern lediglich um 53 Millionen, ist es doch ein Faktum, daß weder die 53 Millionen noch die 700 Millionen Schilling im Budget vorgesehen sind.

Meine Damen und Herren! Diese Husch-Pfusch-Aktion, wie ich es bezeichne, bringt aber auch eine Verschärfung bei den Anspruchsberechtigten im Bereich der Notstandshilfe mit sich. Es werden sozial Benachteiligte noch mehr benachteiligt. Man könnte es mit einem kurzen Begriff als übles Spiel der Koalition bezeichnen, denn, meine Damen und Herren, kein Geringerer als der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes hat zu Recht die Bedenken gegen diese Novelle erkannt. So wurde von seiten des Verfassungsdienstes darauf hingewiesen, daß aufgrund dieser Novelle im Ausland geborene Österreicher diskriminiert werden. Ich nenne dafür nur ein Beispiel: Die Kinder der Botschafter oder die Kinder von Mitarbeitern der Botschaften würden aufgrund der vorliegenden Novelle nicht unter dieses Gesetz fallen und würden dadurch, wie es in der Begründung des Einspruches des Verfassungsgerichtshofes stand, diskriminiert werden.

Meine Damen und Herren! Bezüglich der Kosten – das wurde von mir schon gesagt – werden die verschiedensten Beträge kolportiert: einerseits 53 Millionen Schilling, andererseits 700 Millionen Schilling, wie die zitierte Zeitung getitelt hat. Die "Kronen Zeitung" hat sogar geschrieben, daß ein Finanzbedarf von 2,5 Milliarden besteht. Ich zitiere wörtlich: "Nach einem Verfassungserkenntnis muß die Notstandshilfe ab 1. April auch an Gastarbeiter bezahlt werden. Das würde heuer und nächstes Jahr Mehrkosten von 2,5 Milliarden Schilling verursachen."

Meine Damen und Herren! Ein Gesetz zu beschließen, ohne daß die dadurch verursachten Kosten feststehen, halte ich für bedenklich.

Der dritte Grund, aus dem wir Freiheitliche diese Novelle ablehnen, besteht darin, daß die Begriffsdefinitionen nicht klar sind. Es ist im Bereich der Notstandshilfe die Rede davon, daß es sich um eine Versicherungsleistung handelt, und aus dieser Versicherungsleistung resultiert die Fürsorgeleistung. Es genügt mir nicht – das wurde auch im Ausschuß gesagt –, daß die Fürsorgeleistung von der Versicherungsleistung abgeleitet wird. Es ist nicht schlüssig und kann nicht schlüssig sein, daß eine Fürsorgeleistung von einer Versicherungsleistung abgeleitet wird, da eine Versicherungsleistung selbstverständlich mit rechtlichen Ansprüchen verbunden ist, wogegen eine Fürsorgeleistung eine freiwillige Leistung darstellt.


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