Bundesrat Stenographisches Protokoll 639. Sitzung / Seite 84

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Wenn man zusammenfaßt, was manche Kollegen an Zahlenmaterial wiedergegeben haben, dann kann man nur sagen: Der Neuanfall an Beschwerden oder Eingaben muß unter der Erledigungszahl liegen. Oder: Es müssen den Gerichten mehr Mitarbeiter zur Verfügung gestellt werden – auch wenn es Landesgerichte sind. Grundsätzlich müssen dann mehr Mitarbeiter, mehr Richter, mehr Referenten, die Tätigkeit ausüben. Die ständige Überlastung führt nämlich zu einer dramatischen Erhöhung der Rückstände, besonders im Verwaltungsgerichtshof. – Wir wissen all das, aber es muß immer wieder gesagt werden. Deswegen können wir diesen Berichten nicht die Zustimmung geben.

Wenn ich auch sonst kein Freund internationaler Konventionen bin, so muß ich sagen, es ist vielleicht doch ein kleiner Rettungsanker im Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention zu finden, welcher die zulässige Dauer von Beschwerdeverfahren regelt. Aber wo ist die Sanktion? Welche Sanktion sieht die Europäische Menschenrechtskonvention vor? – Sie ist mir nicht geläufig, vielleicht gibt es sie. Ich wollte, es gäbe sie. Man müßte sie, wenn es sie nicht gibt, für diese Fälle sogar erfinden.

Es besteht der Eindruck – auch deswegen stimmen wir nicht zu –, daß die Funktion der Obersten Gerichte im politischen Bewußtsein der Mandatare, aber auch der Österreicher keine Priorität genießt. Auch das muß klar gesagt werden. Bei uns Freiheitlichen hat sie Priorität, und das drücken wir auch damit aus, daß wir diesen Berichten nicht zustimmen können.

Es muß eine Verfallsprozeßumkehr eintreten, meine Damen und Herren! Aber natürlich ist diese Verfallsprozeßumkehr auch im Haus zu hinterfragen: Wieso liegen diese Berichte schon ein dreiviertel Jahr hier?

Demnächst kommen die Berichte für das Jahr 1997 heraus, wir aber behandeln heute erst die Berichte über das Jahr 1996, meine Damen und Herren! Da hätten wir gleich warten und die Berichte für beide Jahre zusammenfassen können, wenn es aus irgendwelchen Gründen nicht anders geht. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Folgendes möchte ich zu den Berichten kritisch anmerken. Es steht darin, daß die Rechtsfindung für die Bürger nicht mehr zum Nulltarif möglich sein soll und daß ungefähr ein Sechstel der Kosten der beschwerdeführende Bürger zu tragen hat. Ich stelle das deswegen kritisch fest, weil wir immer wieder mit einer schleichenden Gebühren- und Steuererhöhung konfrontiert werden. Es wäre vielleicht fast schon besser, wenn man keine Steuern mehr einhebt, sondern jeden Bürger, der die Öffentlichkeit in Anspruch nimmt, mit einer Umlage der Kosten in Form einer Gebühr belastet.

Das soll umso mehr eine kritische Anmerkung zur Gebührenanhebung sein, als ich denke, daß die Gebührenanhebung den Anfall der Tätigkeit in den Gerichten vermutlich nicht verringern wird. Sollte sie dort aber den Anfall der Tätigkeit verringern, so hieße das eigentlich, dem Bürger das Recht vorzuenthalten. – Das waren zwei kritische Anmerkungen zu den Berichten in bezug auf die Gebühren.

Grundsätzlich kann man nur sagen, daß diese beiden Berichte dramatisch sind. Das haben wir alle hier festgestellt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.01

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über die vorliegenden Berichte. Die Abstimmung erfolgt getrennt.


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