Bundesrat Stenographisches Protokoll 640. Sitzung / Seite 25

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Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Was sind eigentlich die Gründe für die heute schon des öfteren angesprochenen hohen Drop out-Quoten bei den technischen Schulen? Ist es eine mangelhafte, unzureichende Ausbildung an den Pflichtschulen oder eine zu hohe Erfolgserwartung an den technischen Schulen?

Präsident Ludwig Bieringer: Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer: Die Anforderungen an den technischen Schulen sind äußerst hoch. Die Schüler und Schülerinnen haben derzeit 39 Stunden Unterricht; vor zwei Jahren waren es noch 40 Stunden. Eine Untersuchung der Universität Linz hat ergeben, daß der Schüler an einer technischen Schule im Schnitt 65 Stunden in der Woche mit der Schule beschäftigt ist. Diese 65 Stunden umfassen den Schulweg, die Hausarbeiten, das Lernen und das Aufarbeiten des Lehrstoffes.

Ich glaube, daß man an den technischen Schulen dem Schüler und der Schülerin den Einstieg erleichtern muß, daß man versuchen muß, mit gezielten Methoden, den Schüler dort abzuholen, wo er ist. Die Methode nach dem Motto: Ihr seid jetzt 36 Schüler, 18 von euch werde ich nächstes Jahr nicht mehr sehen! halte ich für falsch, sondern ich bin der Meinung, daß die Lehrer und Lehrerinnen die Schüler dort abholen müssen, wo sie sind. Es muß aber auch eine Einstiegsqualifikation geben. Diese muß überprüft werden. Außerdem muß dem Schüler die Realität der Schule deutlich gemacht werden.

An den technischen Schulen gibt es, wie gesagt, eine hohe Leistungsanforderung. Wir müssen aber alles daransetzen, daß die Drop-out-Rate verringert wird. Ganz verhindern werden wir es nicht können, daß es zu Drop-outs kommt, weil die Qualität der Schule erhalten bleiben muß.

Präsident Ludwig Bieringer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Dr. Paul Tremmel zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Die Lehrplanentrümpelung, sehr geehrte Frau Minister, ist eine unendliche Geschichte. Im Ausbildungsplan für diesen Schulbereich sind verständlicherweise die neuen Arbeitstechniken – ich nenne demonstrativ EDV – präferenziert.

Althergebrachte Handwerkstechniken, zum Beispiel bei Maurern, die Stukkaturmaurer werden, werden zu wenig vermittelt, obwohl da größter Bedarf besteht. Ist da an eine Änderung gedacht?

Präsident Ludwig Bieringer: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer: Gerade in jenem Bereich, den Sie angesprochen haben, nämlich im spezialisierten Handwerksbereich, besteht echter Bedarf. Es gibt zuwenig Stukkateure für Restaurationsarbeiten, und es gibt zum Beispiel auch zu wenig Kunsttischler, die alte Einlegeböden machen können.

Ich meine, daß es eine ganz besonders große Herausforderung für die Fachschulen und für die Lehrlingsausbildung ist, in diese Bereiche einzusteigen. Es muß jede Schule eine gute Mischung aus althergebrachten wichtigen Dingen und aus neuen Dingen bieten. Deswegen gibt es im HTL-Bereich auch sehr viele Spezifikationen, die auf die neuesten Innovationen ausgerichtet sind und wo auch handwerkliche Grundlagen unterrichtet werden.

Ich werde Ihre Anfrage zum Anlaß nehmen, das auch an den Schulen weiter zu diskutieren, weil ich das für wichtig halte.

Präsident Ludwig Bieringer: Wir gelangen nunmehr zur 14. Anfrage, 896/M, an die Frau Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten.

Der als verhindert gemeldete Bundesrat Josef Pfeifer hat gemäß § 63 Abs. 3 der Geschäftsordnung sein Einverständnis bekanntgegeben, daß Herr Bundesrat Dr. Michael Ludwig in das Fragerecht eintritt.


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