Bundesrat Stenographisches Protokoll 640. Sitzung / Seite 97

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meine Person und auch im Namen meiner Fraktion – insofern anders darstellen und relativieren, als ich der Meinung bin, daß alle Menschen die gleichen Chancen haben sollten. – Das war die erste Anmerkung.

Zweite Anmerkung: Die Fachhochschulen – an und für sich sehr gute Einrichtungen – scheinen auch in dieser Vorlage zu einem unübersehbaren Bereich zu verkommen. Kollege Jaud hat vorhin etwas sehr Richtiges gesagt. Er sagte nämlich – ich interpretiere es, ich kann es jetzt nicht wörtlich sagen –, "selbständig zu sein beginne im Kopf". Doch dieses Im-Kopf-Beginnen scheint mir in diesem Gesetz nur sehr wenig zum Ausdruck zu kommen, wenn ich mir vor Augen führe: 40 Studiengänge, 6 000 Studierende, im Jahre 2000 wahrscheinlich 10 000 Studierende und noch mehr Studiengänge.

Unsere Kritik daran ist, daß ein konkreter Fachhochschulstudienplan fehlt, in dem vorgesehen ist, daß man die Effizienz prüft. Es werden jetzt zwar Evaluierungen eingeführt, es wird bei der Effizienzprüfung dann heißen: Sehr gute Effizienz, weil soundso viele Abgänger!, aber die Legung einer positiven Bilanz im Hinblick auf fachliche Ausbildung, auf Qualifikation und auf Bedarf von seiten der Wirtschaft fehlt. Das ist unser erster gravierender Kritikpunkt.

Zum nächsten Punkt: Der vorliegenden Novellierung liegt auch die Absicht zugrunde, bei der Entwicklung des Fachhochschulsektors die Zugänglichkeit für berufstätige Studierende dadurch zu verbessern, daß diese Studiengänge als Fernstudium angeboten werden. Auf unsere Kritik hin hat man gesagt: Es ist ja impliziert, daß der Studierende teilweise in der Praxis und teilweise als Fernstudent tätig sein kann! und hat dann auf die modernen Kommunikationsmittel verwiesen und in Richtung Europarat, Jacques Delors, et cetera argumentiert. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Das gehört in das Gesetz hinein, denn aus der Praxis heraus kann jemand sein Wissen verfestigen, wenn er dann wieder als Fernstudent tätig ist. Das muß man, bitte, hier hineinschreiben!

Ich meine allerdings, meine Damen und Herren, daß etwas bei diesem Gesetz kaum oder überhaupt nicht vorhanden ist. Ich habe bereits am Vormittag bei einer Anfrage an Frau Bundesministerin Gehrer formuliert, daß die modernen Lehrpläne natürlich die modernen Arbeitstechniken wie EDV et cetera präferieren, altes Handwerkswissen hingegen langsam verlorengeht oder nur vereinzelt überlebt. Gerade jetzt verlangt der Arbeitsmarkt danach, daß dieses gute alte Handwerkswissen wieder verwendet wird. Rundum werden Leute gesucht, die noch spezielle Fertigkeiten beherrschen, aber in diesen neuen Bereichen wird dieses alte Handwerkswissen, werden diese alten Handwerkstechniken eigentlich kaum vermittelt. Ich bedaure das.

Ich nenne demonstrativ etwa die Schmiedekunst oder den Wagner. Letzterer ist heute wieder gesucht, denn es ist nun einmal sehr gut, wenn der Wein oder der entsprechende Hochprozentige wieder in Eichenfässern lagert, jedoch das, was kunsthandwerklich hiefür nötig ist, beherrschen nur mehr einige wenige Menschen.

Oder etwa – ich komme zu einem anderen Bereich – der Maurer, der Stukkaturmaurer: Gesucht wie die Nadel im Heuhaufen! Um so jemanden entsprechend einsetzen zu können, müßte natürlich auch der Baumeister wissen, wie so ein Stukkaturmaurer überhaupt arbeitet, er müßte wissen, wie seine Arbeitstechnik ist, um das abschätzen zu können.

Ich möchte nicht haben, und ich glaube, es ist nicht gut, daß solches Wissen verlorengeht oder zur Geheimwissenschaft wird, wie es im Mittelalter bei den Dommaurern der Fall war. Damals sind Geheimbünde entstanden, die heute noch ihr Wesen oder Unwesen treiben, allerdings schon lange nicht mehr in ihrem handwerklichen Bereich.

Verzeihen Sie mir diesen kleinen Ausflug, meine Damen und Herren, aber er ist natürlich gerechtfertigt, denn das hat man hier völlig übersehen. Abgesehen davon ist der Bedarf des Arbeitsmarktes an solchen Fachkräften besonders groß, und wir haben hier einen neuen Bereich, der darauf kaum oder überhaupt nicht Rücksicht nimmt. Ich sage deswegen "kaum",


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