Bundesrat Stenographisches Protokoll 640. Sitzung / Seite 104

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standsposten bei der Kontrollbank absolut nicht notwendig gewesen wäre. Aber das haben Sie von den beiden Regierungsparteien immer bestritten.

Meine Damen und Herren! Dann passierte am 26. April 1997, einem Samstag, eine persönliche Tragödie. Der Österreichische Kontrollbank-Vorstandsdirektor Dr. Gerhard Praschak hat sich in seinem Dienstzimmer in der Kontrollbank erschossen – aber nicht, ohne vorher auch ein politisches Vermächtnis zu hinterlassen und dies der österreichischen Presse, vor allem auch allen Oppositionsparteien zukommen zu lassen. Ein Sittenbild der Proporz- und Parteibuchwirtschaft von SPÖ und ÖVP wurde damit sichtbar. Der Vorhang des Schweigens war damit zerrissen, und ganz Österreich konnte die Politakteure auf ihrer Proporzbühne beobachten.

Dr. Praschak war selbst ein Teil dieses Systems, das er nunmehr an den Pranger gestellt hat. Aus dem überlieferten Tagebuch des Dr. Praschak geht hervor, welchen psychischen Qualen er in den letzten Wochen vor seinem Freitod ausgesetzt war.

In Frankreich hat man gegen Ende des 18. Jahrhunderts gesagt: Die Revolution frißt ihre Kinder. – Hier war es so, daß das System eines seiner Kinder, ein letztendlich ungeliebtes und unbotmäßiges Kind, verschlungen hat.

Dr. Praschak teilt in seinem Tagebuch auch einige Telefonate, die er in dieser Personalfrage geführt hat, mit, darunter auch eines mit dem damaligen Noch-Minister Rudolf Scholten, der zu ihm folgendes gesagt haben soll – ich zitiere sinngemäß –: Wir sind hier nicht in New York oder in London. Bei uns hier zählt die Politik. – Ende des Zitats.

Er hat damit expressis verbis gesagt – das ist im Tagebuch überliefert –, daß eben in Österreich nicht die Leistung, sondern im wesentlichen die Parteipolitik zählt.

Nichtsdestotrotz: Rudolf Scholten blieb vom Freitod Dr. Praschaks weitgehend ungerührt und quartierte sich Anfang Mai 1997 in der Chefetage der Österreichischen Kontrollbank ein.

Meine Damen und Herren! Nunmehr ist rund ein Jahr vergangen, und in der Kontrollbank sitzen nach wie vor – entgegen ihrem damaligen Beschluß – nur zwei Vorstandsdirektoren: Dr. Attems, der ÖVP zuzurechnen; der andere, der SPÖ zuzurechnende, ist Dr. Rudolf Scholten. Das Ziel wurde damit offensichtlich erreicht. Aber durch diese einjährige Untätigkeit in Sachen dritter Vorstandsdirektor der ÖKB wurde folgendes bestätigt, was wir Freiheitlichen bereits vor einem Jahr, 1997, gesagt haben: Erstens, die ÖKB braucht keinen dritten Vorstandsdirektor, und zweitens, die Schaffung dieser Position dient einzig und allein zur Versorgung von Ex-Minister Rudolf Scholten.

Meine Damen und Herren! Das ist die Wahrheit, und diese Wahrheit liegt heute vor uns. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Im Lichte dieser Ereignisse aber, die vor allem bei Ihnen und Ihren Genossen äußerstes Unbehagen ausgelöst haben, hat Herr Bundeskanzler Klima eine neue Offensive zur Objektivierung der Postenvergabe im öffentlichen Bereich gestartet. Er hat ein Fünf-Punkte-Programm zum besten gegeben – von der Ausschreibung öffentlicher Positionen bis hin zur marktkonformen Bezahlung, was in einem marktwirtschaftlichen Gefüge ohnehin selbstverständlich sein sollte. Das diesbezügliche Gesetz wurde im Jahr 1997 beschlossen und ist erst am 1. März 1998 in Kraft getreten.

Meine Damen und Herren! Bis dahin ist aber noch eine ganze Reihe politisch motivierter Postenbesetzungen erfolgt. Ich erinnere nur an die OMV, die Österreichische Mineralölverwaltung, bei der es unbedingt sein mußte, daß der ehemalige Sekretär des Bundeskanzlers Klima, Herr Marc Hall, in den Vorstand einziehen sollte, was letztendlich auch geschehen ist – gleich gemeinsam mit einem ÖVP-Mann zur Wahrung des Proporzes und der Optik. Dazu muß man sich vorstellen, daß sich sogar die an der OMV beteiligten arabischen Scheichs lange Zeit dagegen gewehrt haben, daß diese Aufstockung des Vorstandes in der OMV überhaupt vollzogen wird.


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