Bundesrat Stenographisches Protokoll 640. Sitzung / Seite 117

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nimmt, verdient es, ersatzlos gestrichen und durch einen Freiheitlichen Gewerkschaftsbund ersetzt zu werden! Dieser hat Zukunft! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Praschak ist vor einem Jahr von uns gegangen. (Bundesrat Kone#ny: Von Ihnen nicht!) Er hat einen Abschiedsbrief hinterlassen, er hat Dokumente hinterlassen, und er hat ein Tagebuch hinterlassen. Das einzige, was mir bleibt, im Sinne Österreichs und der politischen Kultur auf dieses System der Ungleichgewichtigkeit hinzuweisen, ist mein Selbstmord, so hat er geschrieben. – Nun versucht man, diesem einstigen Vranitzky-Sekretär, diesem durchaus begnadeten Wirtschaftsfachmann eine labile psychische Verfassung anzudichten. (Bundesrat Dr. Böhm: Das ist eine Entmündigung!) Ich finde, das ist das Unverfrorenste, das es gibt: daß man jemandem, der jahrelang seinem Brötchengeber – das sind beide gewesen, sowohl die Partei als auch die Republik – gedient und ihm wahrscheinlich sehr gut gedient hat, noch einen kleinen "Klamsch" andichtet. Ich finde, das ist unverfroren von den Gruppierungen, die das machen. Das ist undankbar! – (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Payer: Wer macht das?) Man müßte doch froh sein, diese Unterlagen, die er hinterlassen hat, untersuchen zu können.

Es ist schon ein Jammer, wenn jemand wie Praschak den Ehrenkodex der Politik verletzt hat – einer Politik, der er soviel verdankt, wie es heißt. Er ist ein politisch entsandter Manager. Er wurde nie aus seiner politischen Abhängigkeit entlassen. Es ist die Unfreiheit dieser politischen Manager, die ihn zur Verzweiflung gebracht hat! Er hat es nicht überwunden, daß man nicht anerkennen wollte, daß er, der wirtschaftspolitisch so gut ist, nicht akzeptiert wird, weil er gut ist, sondern nur akzeptiert wird, weil er die Leiter über das Vranitzky-Sekretariat und das Parteibüro in diese Bank benützt hat. Das hat ihn zutiefst depressiv gestimmt, das hat ihn zutiefst verletzt, denn der Mann konnte etwas! Und nun ist er da und wird diese klebrigen Fäden nicht mehr los, an denen er sein Leben lang gehangen ist und von denen er meinte, sie kraft seiner Leistung loswerden zu können. – Auch bei Ihnen gilt die Leistung etwas, meine Kollegen von den Sozialdemokraten und der ÖVP!

Leistung soll doch etwas gelten! Leistung soll doch die Freiheit des Menschen bringen und ihn nicht noch mehr an die klebrigen Fäden einer einstmals eingegangenen Abhängigkeit ketten! Das ist so wie im finsteren Mittelalter, als jemand einmal ein Lehen bekommen hat, welches er dem guten Betragen dem Lehensherrn gegenüber zu verdanken hat, und diese Belastung nicht mehr los wird. Denn wenn er einmal nicht mehr brav ist, ist er das Lehen los. (Bundesrat Payer: Das ist geschmacklos! – Bundesrat Schöls: Sie verwechseln da etwas!) Die Bauernbefreiung im Jahr 1848 – immerhin ist das 150 Jahre her – sollte die Möglichkeit bieten, darüber nachzudenken, daß auch ein Bankangestellter das Recht hat, endlich frei zu sein und nicht immer nur am Gängelband einer Partei zu hängen. Freiheit muß das Motiv lauten! (Zwischenrufe.)

Es ist eigenartig, daß auch der ehemalige Finanzminister Lacina folgendes geschrieben hat: Im übrigen bin ich der Auffassung, daß Personalpolitik mit Menschlichkeit verknüpft werden kann. – Hören Sie das Wort "kann"? – Der Herr Finanzminister, ein Sozialdemokrat, den ich auch aufgrund seiner finanzpolitischen Kompetenz sehr achte, schreibt: Menschlichkeit kann berücksichtigt werden! – Ist das sozialdemokratische Führungspolitik? – Muß es nicht lauten: Menschlichkeit ist bei der Personalpolitik zu berücksichtigen?

Da ist doch etwas fehlgelaufen, meine Damen und Herren! Da ist die Menschlichkeit auf der Strecke geblieben – und mit ihr all jene Dinge, die im Namen dieser Abhängigkeitspolitik, dieser Lehenspolitik nicht wahrgenommen wurden. Es ist dieses Karrierekarussell, das gerade bei diesen beiden Parteien, die 50 Jahre lang mit kurzen Ausnahmen diese Republik in Erbpacht genommen haben, es ist dieses Karrierekarussell, welches manchen ehrlichen Bürger in diesem Karussell zur Verzweiflung bringt. Das decken nicht einmal die Tausender des Monatsgehalts ab. Nein, da gibt es die Würde. Und dieser Praschak hat die Würde gehabt, zu sagen: Ich kann nicht mehr!, und hat sich erschossen. Ein Mann, der ein Waffenfeind gewesen ist. Das ist kein Rambo gewesen. Das ist ein feinfühliger, zutiefst verletzter Mensch gewesen, und Sie versuchen das jetzt niederzutreten und hoffen, daß das Gras des Vergessens, die Pflastersteine des Hofs über seine Haltung und seine Lebensweise gelegt werden. (Zwischenrufe.)


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