Bundesrat Stenographisches Protokoll 641. Sitzung / Seite 60

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Es ist dies ein Bundesverfassungsgesetz über den Abschluß des Vertrages von Amsterdam.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Wolfgang Vindl übernommen. Ich bitte ihn um den Bericht.

Berichterstatter Wolfram Vindl: Hohes Haus! Der Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus liegt Ihnen schriftlich vor. Ich beschränke mich daher auf die Verlesung des Beschlußtextes, der lautet:

Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 2. Juni 1998 mit Stimmenmehrheit den Antrag, der Bundesrat wolle dem Beschluß des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm. Ich erteile es ihm.

12.21

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wie Sie alle wissen, verehrte Damen und Herren, ist schon der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union nicht in der an sich in unserer Bundesverfassung vorgesehenen rechtlichen Verfahrensweise vollzogen worden, nämlich so, daß bei der parlamentarischen Beschlußfassung all jene Bestimmungen des EG-Vertrages in der Fassung des Vertrages von Maastricht, die innerstaatlich verfassungsändernde Bedeutung hatten, als solche ausgewiesen und einer entsprechenden Abstimmung mit dem Erfordernis qualifizierter Mehrheit unterzogen worden wären. Vielmehr wurde damals der problematische Weg eingeschlagen, der Bundesregierung eine besondere bundesverfassungsgesetzliche Ermächtigung zum Abschluß der EU-Verträge einzuräumen. Mit Artikel II des Bundesverfassungsgesetzes über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union wurde nämlich eine eigenständige Rechtsgrundlage geschaffen, die vor allem dazu dienen sollte, daß sich eine gesonderte Bezeichnung sämtlicher verfassungsändernder Bestimmungen des Beitrittsvertrages erübrigt.

Dasselbe verfassungsrechtliche Procedere wird auch diesmal beobachtet. Erneut wird die Bundesregierung durch ein eigenes Bundesverfassungsgesetz dazu ermächtigt, den jetzt zur Ratifikation anstehenden Vertrag von Amsterdam abzuschließen. Im Bericht des Verfassungsausschusses wird dieses Vorgehen daher mit dem anläßlich des Beitritts gesetzten Präzedenzfall begründet.

Da der Vertrag von Amsterdam das EG-Primärrecht weiterentwickelt, ergeben sich gleichartige rechtstechnische Probleme, wie sie sich durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union ergeben haben. Aus diesem Grund und im Hinblick auf den Umstand, daß durch das Verfahren zur Genehmigung des Beitrittsvertrages eine rangmäßige Einordnung des EU-Primärrechts in das österreichische Rechtssystem nicht erfolgt ist, dieses aber nunmehr durch den Amsterdamer Vertrag teilweise geändert wird, soll die Ratifikation des Amsterdamer Vertrages abermals aufgrund einer besonderen verfassungsgesetzlichen Ermächtigung erfolgen. – Zitatende.

Daß dabei, wie schon im Beitritts-Bundesverfassungsgesetz vorgesehen wird, sowohl der Nationalrat als auch der Bundesrat jeweils mit erhöhten Quoren ihre Genehmigungsbeschlüsse zu fassen haben, versteht sich ohnehin von selbst. Der entscheidende Unterschied besteht allein darin, daß der Beitrittsvertrag unbestrittenermaßen nicht nur eine unabsehbare Fülle verfassungsändernder Bestimmungen enthielt, sondern wegen zahlreicher Durchbrechungen und erheblicher Modifikationen der Grundprinzipien unserer Bundesverfassung zugleich auch eine Gesamtänderung dieses unseres politischen Grundgesetzes darstellte.


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