Bundesrat Stenographisches Protokoll 641. Sitzung / Seite 79

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Ratifizierung des Vertrages von Amsterdam vorbereiten sollen, sind meine Kollegen Böhm und Riess-Passer schon eingegangen. Inhaltlich mit dem Amsterdamer Vertrag hat sich mein Freund John Gudenus auseinandergesetzt, und ich glaube, daß er klargemacht hat, daß Sie in weiterer Folge mit dem Amsterdamer Vertrag einem wohl unzureichenden und auch in weiten Bereichen falsche Voraussetzungen schaffenden Papier zustimmen werden.

Um die Europäischen Union tatsächlich auf eine größere Mitgliederzahl einzustellen, wäre eine Reform der Entscheidungsprozesse, ein Ausbau der parlamentarischen Kontrollrechte und eine vollständige Neuorientierung der Agrar- und Strukturpolitik notwendig gewesen. All diese Bereiche aber werden nach unserem Dafürhalten in dem zu ratifizierenden Vertrag nur andeutungsweise berührt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bei der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik gibt es durch das neue Vertragswerk so gut wie keine Fortschritte. Es gibt sogar Länder, wie zum Beispiel unsere Republik und unsere Regierung, die sich auch um das Wenige, obwohl es eigentlich in ihrem Interesse wäre, gar nicht zu kümmern scheinen. An dieser Stelle ist darauf zu replizieren, was Kollege Kone#ny gesagt hat. Er hat uns, der Opposition, vorgeworfen, wir würden der Regierung unterstellen, sozusagen schleichend die Verfassung zu ändern, die Neutralität aufzuheben, wir würden das wider besseres Wissen tun.

Ich möchte dem Kollegen Kone#ny raten, sich diesen Vertrag einmal genauer anzusehen. Auf einige der die Frage der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik betreffenden Punkte ist mein Kollege Dr. Böhm schon eingegangen. Die Kritik, daß die Bundesregierung die Neutralität an diesem Vertragswerk in der Öffentlichkeit Österreichs quasi vorbeischwindelt, bleibt aufrecht.

Ich darf Ihnen den Artikel J.7 im Vertrag von Amsterdam in Erinnerung rufen. Dieser Artikel geht auf die GASP ein. Darin heißt es:

"Die Westeuropäische Union (WEU) ist integraler Bestandteil der Entwicklung der Union. Sie eröffnet der Union den Zugang zu einer operativen Kapazität."

In weiterer Folge heißt es:

"Die schrittweise Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik wird in einem von den Mitgliedstaaten als angemessen erachteten Weise durch eine rüstungspolitische Zusammenarbeit zwischen ihnen unterstützt.

Die Fragen, auf die in diesem Artikel Bezug genommen wird, schließen humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze, friedenserhaltende Aufgaben sowie Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung einschließlich friedensschaffender Maßnahmen ein."

Ich wiederhole: Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung einschließlich friedenschaffender Maßnahmen!

Meine Damen und Herren! Wenn Sie diesem Vertragswerk zustimmen und in der Republik nach wie vor die Geschichte verbreiten wollen, daß diese Republik noch neutral ist, dann betreiben Sie nach unserem Dafürhalten keine aufrechte und ehrliche Politik. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir wollen, daß Sie gerade in dieser prinzipiellen Sicherheits- und Staatspolitik endlich mit offenen Karten spielen und endlich der Bevölkerung in bezug auf die Neutralität die Wahrheit sagen, nämlich, daß seit dem 1.1.1995, seit dem Beitritt zur Europäischen Union, die Neutralität Österreichs hinfällig ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.55

Präsident Ludwig Bieringer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. (Bundesrat Dr. Tremmel: Doch!)  – Bitte, Herr Bundesrat Dr. Tremmel.


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