Bundesrat Stenographisches Protokoll 641. Sitzung / Seite 92

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Jetzt müßte man natürlich nach Lösungen suchen, die nicht so viel Geld kosten. Die Lehrlingsausbildung im Rahmen des NAB kostet 1 Milliarde Schilling. Und Sie wissen noch nicht einmal, woher Sie das Geld nehmen sollen.

Sie müssen natürlich auch die Ursachen bedenken, warum immer weniger Unternehmer Lehrlinge ausbilden. Es ist heute bereits die Industrie angesprochen worden. Gerade in der Industrie – denken Sie doch an die Ergebnisse von Umfragen in Betrieben: es gibt nicht genügend qualifizierte Bewerber – ist es so, daß immer größere Anforderungen an einen Lehrling gestellt werden. Die Maschinen werden immer komplizierter. Diese jungen Menschen müssen dann hinsichtlich Bedienung, Wartung und Reparatur doch schon ein gewisses Wissen an Informatik oder an EDV haben, um damit überhaupt zurechtzukommen. Es gibt genügend Studien, die zeigen, daß sich viele Lehrlinge oft nicht einmal bei den einfachsten Grundrechnungsarten auskennen. Wie soll das dann funktionieren?! – Die Bedienungsanleitungen werden immer komplizierter, aber diese müssen verstanden werden. Das heißt also: Die Anforderungen sind insgesamt gestiegen. (Bundesrat Freiberger: Das sind keine Spitzenfacharbeiter, das sind Lehrlinge!)

Ich habe Ihnen von dieser Stelle aus schon öfters gesagt: All diese aufgezeigten Mängel liegen auch im Bildungssystem: Das fängt in der Volksschule an und setzt sich dann nahtlos fort. Da muß angesetzt werden! – All das sind Dinge, die nicht nur wir, sondern auch viele Fachleute sagen; aber leider meinen Sie, wir üben eben nur Kritik. Solange Sie aber in dieser Angelegenheit nichts tun, wird uns überhaupt nichts anderes übrig bleiben, als weiterhin Kritik zu üben.

Weil das Thema Lehrlinge so wichtig ist, auch in Richtung des Herrn Wirtschaftsministers: Es gibt eine Reihe von Anträgen von uns Freiheitlichen – leider behaupten Sie immer wieder, wir würden keine Vorschläge machen – zur Lehrlingsproblematik; natürlich gibt es solche auch von den anderen Oppositionsparteien. Diesbezüglich hat man sich im Dezember 1997 dazu durchgerungen, im Nationalrat einen entsprechenden Unterausschuß einzusetzen. Dieser hat gestern, ein halbes Jahr später, zum allerersten Mal getagt! Und was ist dabei herausgekommen? – Dieser Unterausschuß wurde sofort auf unbestimmte Zeit vertagt.

Meine Damen und Herren! Daraus können Sie erkennen, für wie gering die Regierungsparteien das Problem Jugendarbeitslosigkeit und Lehrlinge einstufen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.53

Präsident Ludwig Bieringer: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann. Ich erteile ihm dieses.

14.53

Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich wollte mich eigentlich zu diesem Tagesordnungspunkt nicht zu Wort melden (Bundesrätin Mühlwerth: Dann hätten Sie es doch lassen können!) , aber Kollege Freiberger hat mich aufgrund seiner Ausführungen doch dazu veranlaßt. Ich bin schon einiges vom Kollegen Drochter gewöhnt, aber: Den Kammerpräsidenten der Steiermark als "Kleinhäusler" zu bezeichnen ... (Bundesrat Freiberger: Kleingreißler!) "Kleinhäusler" habe ich verstanden.

Ich habe eher gedacht, Sie meinen kleinkariert. Das hätte ich vielleicht eher manchen Funktionären der Gewerkschaft zugeschrieben. (Bundesrat Prähauser: So würden wir uns nie ausdrücken!) Ich habe "Kleinhäusler" verstanden.

Herr Kollege Freiberger! Mit Ihren Aussagen beleidigen Sie rund 40 000 Lehrbetriebe in Österreich. Es gibt 40 000 Lehrbetriebe, von denen fast über 90 Prozent Klein- und Mittelbetriebe sind, die in der Lehrlingsausbildung sehr bemüht sind. Wir sollten diesen dafür dankbar sein, daß sie sich in der Lehrausbildung derart engagieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Sie sich diesen Bericht anschauen, sehen Sie, daß gerade im Gewerbebereich die Zahl der Lehrbetriebe gestiegen ist, während sie sonst geradezu dramatisch gesunken ist – gerade auch in der Industrie, Herr Kollege, wo Sie von den Gewerkschaften vielleicht den meisten


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