Bundesrat Stenographisches Protokoll 641. Sitzung / Seite 95

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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Giesinger. – Bitte.

15.05

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrten Herren Minister! Ich möchte noch ergänzend zu dem, was mein Kollege Bundesrat Kurt Kaufmann gesagt hat, einige Punkte besonders hervorheben:

Herr Kollege Freiberger! Wenn Sie einen Ausbildungsfonds für Betriebe verlangen, um damit Lehrwerkstätten zu finanzieren, so möchte ich Ihnen sagen, daß das wieder eine sehr große Belastung für die Unternehmer mit sich bringen wird. Es ist schon eigenartig, daß in diesem Staat die Schule und das Studium an der Universität von allen Steuerzahlern bezahlt werden, die Lehrlinge aber nach Ihren Vorstellungen, Herr Kollege Freiberger, ausschließlich von den Betrieben bezahlt werden sollten. Der Staat kann die Betriebe schon belasten, die Frage ist nur, wie lange die Betriebe das aushalten. Konkret geht es dann um Arbeitsplätze.

Es hat auch seine Gründe, wenn Betriebe keine Lehrlinge mehr einstellen, und angesichts dessen sollten bei uns als Politiker und Politikerinnen, die für die Rahmenbedingungen zuständig sind, mehr als die Alarmglocken läuten. Außerdem gibt es viele Betriebe in Österreich, die die Lehrlinge ausgezeichnet ausbilden, Herr Kollege Freiberger! Das heißt, es ist nicht überall so, wie Sie es dargestellt haben. Dies wollte ich abschließend noch betonen. (Beifall bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen.)

15.07

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte.

15.07

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Zunächst eine Grundfeststellung: Natürlich leidet der Bericht auch daran, daß er mit 1996 endet; das heißt, wenn er publiziert wird, liegen die Ergebnisse des letzten Jahres schon vor. Für das letzte Jahr kann man jedenfalls sagen, daß wir zum ersten Mal seit über 20 Jahren eine Zunahme bei den Einstellungen von Lehrlingen feststellen konnten, sodaß man durchaus von einem Trendbruch reden kann. – Punkt 1. Egal, wem man jetzt die Zahlen zuordnet, auch ohne Stiftungszahlen kann man sagen, daß es eine bessere Bereitschaft für die Lehrlingsausbildung gab.

Zum zweiten: Wir müssen uns vor Augen halten, daß alles, was wir auf dem Lehrlingssektor machen, unter einer großen Gleichung steht. Erfahrene Bildungspolitiker wissen, daß pro Jahr etwa zwischen 3 000 und 4 000 junge Menschen entweder nicht hinreichend qualifiziert, motiviert oder engagiert sind, um eine Lehre oder eine Schule zu machen, die relativ schwierig anzusprechen sind. Dieser Teil bleibt uns jedes Jahr erhalten, für diesen Teil Garantien abzugeben, würde ich mir nicht zutrauen. Bei diesem Teil reden wir über Lehre, über Auffangeinrichtungen oder ähnliche Dinge mehr, aber das ist auch der härteste Teil. Man soll aber wegen dieses Teils nicht vergessen, daß der allergrößte Teil, also Zigtausende Lehrlinge, in Österreich exzellent ist und in den internen Vergleichen auch hinreichend gelobt wird. Ich glaube auch, daß wir zuviel über die kleine Nische des Nichtunterkommens der Schlechten sprechen und damit die anderen nicht motivieren. Das ist keine Schönwettersendung, sondern ein Punkt, der einmal gesagt werden muß.

Es wurde hier auch die Frage gestellt: Was spielt sich rund um den NAB ab? – Ich teile nicht die Auffassung der Bundesrätin Mühlwerth, daß das wieder leere Luft oder was immer sei. Ich darf in Erinnerung rufen, daß wir im NAB mehrere Eckpfeiler eingebaut haben. Wir brauchen mehr und neue Lehrberufe. Wir brauchen deshalb neue Lehrberufe, weil die Gesellschaft, die sich zur Dienstleistungsgesellschaft wandelt, mit den vielen alten Produktionsberufen nichts mehr anzufangen weiß.


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