Bundesrat Stenographisches Protokoll 641. Sitzung / Seite 104

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Oder: Andererseits besteht das Bedürfnis nach einer völkerrechtlichen Definition der Rechtsstellung österreichischer Truppen im jeweiligen Aufnahmestaat. – Auch diese gibt es noch nicht!

Die deutsche Bundesregierung hat in einem Entwurf des Streitkräfteaufenthaltsgesetzes vom 9. März 1995 festgehalten: Das NATO-Truppenstatut als solches bildet keine hinreichende Rechtsgrundlage für Übungen, da es für die Stationierung und das ständige Zusammenwirken von Bündnispartnern konzipiert wurde, nicht jedoch für den vorübergehenden Aufenthalt oder Übungen fremder Streitkräfte. Aber gerade Übungen fremder Streitkräfte sollen damit rechtlich ermöglicht werden.

Nun frage ich Sie: Wie viele Übungen im Jahr wollen wir in Österreich haben? Wie viele Überflüge zu Übungszwecken im Jahr wird die österreichische Bevölkerung vertragen? Sollten nicht Eingrenzungen, was die Übungen in, die Überflüge über und die Durchfuhren durch Österreich betrifft, geschaffen werden, bevor wir dieses Gesetzeswerk beschließen? – Der Klarstellung sollte jedenfalls der Hinweis auf die österreichischen Vorschriften über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial dienen, der aus politischer Sicht insbesondere im Hinblick auf den Bestand von atomaren, biologischen und chemischen Kampfstoffen und Kampfmitteln in anderen Staaten für erforderlich erachtet wurde.

Warum wurden diese von uns allen hier anerkannten Grundlagen nicht eingearbeitet? Wissen wir nicht, daß allein solche Zusagen schon problematisch sind? Erinnern Sie sich an den Absturz des amerikanischen mit Atombomben ausgestatteten Bombers in Grönland? – Das geschah, obwohl die Zusicherung der Vereinigten Staaten gegenüber der dänischen Regierung vorhanden war, keine Atomwaffen auf ihrem Gebiet zu lagern, zu transportieren beziehungsweise es damit zu überfliegen.

Wir sehen: Es sind nicht nur die rechtlichen Grundlagen nicht vorhanden, sondern auch dann, wenn es sie gibt, bestehen oft Zweifel daran, ob sie eingehalten werden.

Ich meine daher, daß dieses Gesetz unsere staatlichen Interessen keinesfalls regelt und sie auch nicht regeln kann. Wir wissen, unsere derzeitige Neutralität könnte man auch als pseudoneutrales Weiterwursteln bezeichnen, und dieses ist nicht mehr möglich. Aber mit diesem Gesetz wird weder das pseudoneutrale Weiterwursteln verhindert, noch wird damit ein echter Eintritt in die NATO, der die einzig richtige Möglichkeit wäre, vorgenommen. Es fehlt Ihnen an Mut, um die Neutralität aufzugeben. Es fehlt Ihnen an Mut, um beherzt der NATO beizutreten und die österreichischen Interessen mit Passagen im Gesetzeswerk, die tatsächlich die österreichischen Interessen wahren, abzusichern. – Da können wir nicht mithalten, meine Damen und Herren! (Zwischenruf bei der SPÖ. – Bundesrat Kone#ny: Das ist wahr: Sie können überhaupt nicht mithalten!) Wir lehnen dieses Gesetzeswerk ab! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.48

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schöls. – Bitte.

15.48

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Frau Vizepräsidentin! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es fehlt mir nicht an Mut – um mit den Worten meines Vorredners zu beginnen –, mich heute klar dazu zu bekennen, daß ich froh darüber bin, daß wir heute mit der verfassungsmäßigen Zustimmung dieses Hauses zum Übereinkommen zwischen der NATO und den anderen an der Partnerschaft für den Frieden teilnehmenden Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppe samt Erklärungen Österreichs einen entscheidenden Beitrag zur Rechtssicherheit leisten.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Während Herr Oberst Gudenus – ich spreche ihn jetzt bewußt in seiner militärischen Funktion an – hier vom Rednerpult aus versucht hat, Dinge darzustellen, die durch dieses Übereinkommen gar nicht angesprochen und gar nicht geregelt werden (Bundesrat Mag. Gudenus: Das ist es ja!), habe ich darüber nachgedacht, daß es eigentlich sehr viele Österreicher gibt – ob jetzt als Militärpersonen oder als Zivilisten –, die bereits aufgrund der Tatsache, daß wir uns schon vor längerer Zeit zur PfP bekannt haben, im


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