Bundesrat Stenographisches Protokoll 642. Sitzung / Seite 66

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Die Neuregelung nimmt aber – wie heute bereits erwähnt wurde – auch die Parteien selbst in Pflicht. Die Lehre aus negativen Erfahrungen der Praxis mit verfahrensverzögernden Strategien ziehend, wurden die bislang unzureichenden Präklusionsvorschriften ausgebaut. Sie sollen die Parteien stärker dazu motivieren, ihre Einwendungen in der Sache frühzeitig zu erheben, weil sie sonst – auch das wurde schon erwähnt – den Verlust der Parteistellung und damit endgültig den Ausschluß ihres Vorbringens riskieren.

Nicht zuletzt fördern die neuen Bestimmungen den Einsatz technischer Hilfsmittel im Verfahren. Auch das dient der Beschleunigung des Procedere und à la longue zugleich auch der Kostensenkung. Einem drängenden Anliegen der Praxis ist schließlich mit jenen Sonderregeln entsprochen worden – auch sie wurden schon angesprochen –, die es in Zukunft ermöglichen, daß selbst Großverfahren – das sind solche mit voraussichtlich über 100 Beteiligten – mit vertretbarem Zeit-, Arbeits- und Sachaufwand abgewickelt werden können.

Wie Ihnen allen bekannt ist, meine Damen und Herren, haben bis heute insbesondere die Verfahren zur Genehmigung von Betriebsanlagen allzu lange gedauert. Das hat zweifellos dem vielberufenen Wirtschaftsstandort Österreich oft schwer geschadet. Dabei sehe ich von dem im Bericht erwähnten Detailproblem ab – auch das wurde schon von meinem Vorredner erwähnt –, daß das Übergehen auch nur einer einzigen Partei, was sich bei Massenverfahren mit einer unüberschaubaren Anzahl von Beteiligten oft kaum vermeiden läßt, zu weitreichenden rechtlichen Konsequenzen führt. Auch dieses Problem ist künftig entschärft. Dabei ist anzuerkennen, daß sich die Neuregelung durchaus nicht einseitig an den wirtschaftlichen Interessen der Betreiber orientiert. Vielmehr ist ein ausgewogener Ausgleich geglückt, bei dem auch die legitimen Parteienrechte und Anhörungsrechte der vom Verfahrensgegenstand Betroffenen gewahrt bleiben. Mit anderen Worten sind die Rechte der Anrainer und die Interessen des Umweltschutzes nicht der gesteigerten Effizienz des Verfahrens zum Opfer gefallen.

Für den Zugang des Bürgers zum Recht höchst erfreulich ist die neu geschaffene Möglichkeit, die aktuellen Gesetzestexte über das Datensystem RIS kostenlos abzufragen. Wenngleich dies nicht auch für Landesgesetze und für Gerichtsentscheidungen vorgesehen ist, so darf daraus nicht etwa der Umkehrschluß gezogen werden, daß das nicht beabsichtigt ist. Es war nur aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht möglich, eine solch umfassende Regelung mit diesem Bundesgesetz zu treffen.

Mit dem Stichwort Kompetenzrecht ist freilich der einzige, allerdings gravierende Schönheitsfehler dieser Gesetzesvorlage angesprochen. Mit der auch schon erwähnten Derogationsvorschrift des § 82 Abs. 7, die entgegenstehende Verfahrensregelungen in anderen Gesetzen, also auch in solchen, die in die Kompetenz der Länder fallen, außer Kraft setzt, wird offensichtlich nicht nur in die Rechte der Länder eingegriffen. Das Land Niederösterreich und das Land Kärnten haben das aufgezeigt und dagegen Einspruch erhoben. Vielmehr ist auch nicht ausreichend geklärt, welche Gesetzesbestimmungen im einzelnen mit 1. 1. 1999 außer Kraft treten sollen. Das ist für die Rechtssicherheit unerträglich.

Sollte der heute eingebrachte Entschließungsantrag nicht beschlossen werden, könnte auch meine Fraktion diesem Gesetz nicht zustimmen. Ich bin aber davon überzeugt, daß sich das kritisierte Defizit in der geplanten Vorgangsweise durchaus beheben läßt. Und in diesem Fall werden wir der Vorlage gerne zustimmen.

Lassen Sie mich zuletzt abschließend noch ein Wort des Lobes für oft unbedankte Arbeiten im Hohen Haus aussprechen. Wenn wir hier und heute die Reform des Verwaltungsverfahrensrechts als höchst gelungenes Gesetzeswerk würdigen, noch dazu ein im Parlament erstelltes Werk, darf nicht in Vergessenheit geraten, daß zwei Beamte des Hauses – einer aus dem Klub der SPÖ und einer aus dem der FPÖ – wesentlichen Anteil an der Textierung hatten. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

18.27

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Harald Repar. Ich erteile es ihm.


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