Bundesrat Stenographisches Protokoll 642. Sitzung / Seite 96

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

geflohen, so wie viele in den vierziger Jahren kriegsbedingt und umständehalber aus ihrer Heimat geflohen sind und sich dann, als wieder ein gewisses Maß an Normalität eingetreten ist, dem Aufbau ihrer Heimat verschrieben haben.

Natürlich ist es schön, wenn man sagt: Ich betreibe den Aufbau meiner Heimat von außen! Das ist natürlich für manch einen bequemer, als – und das soll keineswegs beschönigt werden – in eine noch immer unwirtliche Umgebung, die einst seine Heimat war, bevor er sie verließ, oder in deren Nachbarschaft zurückzukehren. Die Situation in Bosnien ist nicht so einfach, das sei klar festgestellt.

Von diesen 93 000, die sich nach Österreich begeben haben, heißt es, wurden etwa 65 000 integriert. Sie haben Aufenthaltsgenehmigung und Arbeitsbewilligung. Nun sind sie hier und haben daher einen Antrag auf Aufenthaltsbewilligung eingebracht, bekamen aber keine, weil die Quoten bereits erschöpft waren.

Um welche Zahlen handelt es sich denn eigentlich? – 12 000 sind weitergereist, 10 000 bis 11 000 sind nach Bosnien zurückgekehrt. Denen gebührt wirklich die große unsichtbare Medaille. Das ist Mut, das heißt Begeisterung, am Aufbau des eigenen Landes wieder teilzunehmen. Von den 65 000 besitzen schon etwa 10 000 bis 15 000 – wie schnell das ging! – die österreichische Staatsbürgerschaft. Sie sind seit dem Jahr 1992 hier und besitzen jetzt, nach sechs Jahren, schon die österreichische Staatsbürgerschaft; 10 Prozent, also rund 10 000 Personen.

Wie das so schnell geht? – Anscheinend geht es. Sie sind aber doch wohl nicht alle Fußballer oder Universitätsprofessoren, bei denen man die Staatsbürgerschaft nur bei der Aufnahme im Klub oder in einer Universität verleiht.

5 300 waren es am 31.04.1998, die in einer Bund-Länder-Aktion noch mit einer finanziellen Unterstützung bedacht wurden, und etwa 3 000 bis 4 000 werden wahrscheinlich quotenfrei integriert.

Die Frage ist – für mich eigentlich nicht, aber sie stellt sich doch –: Sollen wir dem Gesetz zustimmen? Die anderen sind ja hier schon integriert. – Wollen wir das wirklich? Haben wir nicht genügend Österreicher, die ohne Arbeit sind, die keine Wohnung haben? Können wir es uns leisten, Ausländer deshalb, weil bei uns sicherlich die bequemeren und sozialrechtlich besseren Verhältnisse herrschen als in ihrer Heimat, bei uns aufzunehmen? (Bundesrätin Schicker: Ja, wir können es uns leisten, Herr Kollege!)

Sie meinen, ja. Das steht Ihnen auch frei. Ich versuche jetzt, mein eigener Schiedsrichter zu sein. Ich finde das edel, was Sie sagen, aber ich muß andererseits auch sagen, Frau Kollegin, daß man diesen Menschen, ohne unedel handeln zu wollen, ohne unchristlich handeln zu wollen, nahelegen soll und ihnen sagen muß: Kehrt heim, arbeitet und baut wieder auf, die Republik Österreich und andere Staaten helfen euch dabei! Sie werden ja nicht gewissermaßen aus dem Land befördert mit den Worten: Jetzt habt ihr genug bei uns gearbeitet und auch unser Sozialsystem genutzt, jetzt müßt ihr alleine weitermachen! Das stimmt ja nicht.

Jene, die nach Hause gehen, bekommen entweder direkt oder indirekt Hilfen, und das ist gut so. Und aus diesem Grund, weil eben Hilfen geleistet werden für diese Personen, die nicht vor die Tür gesetzt werden wie ein ungeliebtes Kind, für diese Personen, die weiterhin unsere Hilfe haben sollen, sollen sie wieder in ihre Heimat zurück und dort diese Hilfe erhalten, aber nicht mehr bei uns, denn wir haben sehr viele Bürger, echte Österreicher, und, wie wir auch hören, schon rund 10 000 Neu-Österreicher, die wir ohnehin sozial und wirtschaftlich und in jeder Beziehung betreuen.

Wir meinen, es muß möglich sein, ohne es zu Härtefällen kommen zu lassen, diesem Gesetz nicht zuzustimmen, und diese Personen – mit allen möglichen Unterstützungen – aufzufordern, in ihrer Heimat den Aufbau fortzusetzen, dort, wo vorzeitig Heimgekehrte die Arbeit bereits begonnen haben, um dieses Staatswesen, welches wir ja als Republik anerkannt haben, weiter aufzubauen. Ich halte es auch deshalb für wichtig, weil es nicht angeht, die Tüchtigen und Fleißigen dieses Landes, die bei uns Unterkunft gesucht haben, von dem Land, wo sie eigentlich


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite