Bundesrat Stenographisches Protokoll 642. Sitzung / Seite 97

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Aufbauarbeit leisten und wirtschaftlich Impulse geben sollen, abzuziehen. Sie sollen zu Hause wirtschaftliche Leistungen erbringen und nicht bei uns, die wir ohnehin schon ein gutes Maß an wirtschaftlichem Wohlstand erreicht haben.

Aus diesem Grunde werden wir dieses Gesetz ablehnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.35

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Leichtfried. – Bitte.

20.35

Bundesrat Mag. Günther Leichtfried (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte mich kurz mit Ihnen über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts für bosnische Flüchtlinge unterhalten.

Ich möchte vorweg feststellen, ich freue mich, daß es zu einer gesetzlichen Regelung kommt, mit der das Aufenthaltsrecht der Flüchtlinge aus Bosnien neu geregelt wird. Viele Ängste und Unsicherheiten, das Bangen, ob es eine Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung geben wird oder nicht, werden dadurch beseitigt. Und ich stimme mit Ihnen überein, Herr Bundesrat Gudenus, und man sollte das nochmals ganz deutlich in diesem Hohen Haus sagen: Österreich hat sich gegenüber den bosnischen Flüchtlingen höchst anständig verhalten! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der SPÖ.)

Es wurde in den letzten sieben Jahren sowohl von staatlicher als auch von privater Seite enorm viel geleistet, sowohl durch naturelle Unterstützung als auch im Bereich der humanitären Betreuung. Meine Damen und Herren! Trotzdem blieben bei vielen, vor allem bei den Alten und Kranken, bei den Flüchtlingen, die aus der Republik Srbska kommen, nicht nur die Spuren der Gewalt tief drinnen in ihrer Seele, sondern immer auch die Unsicherheit: Was wird in Zukunft mit den Flüchtlingen passieren? Werden sie wieder zurückgeschickt oder können sie mit einer längerfristigen Aufenthaltsgenehmigung rechnen?

Meine Damen und Herren! Bei der Frage des Aufenthaltsrechts der Bosnier geht es um eine humanitäre Frage, und ich glaube feststellen zu können, gerade wir Österreicher haben immer bewiesen – und dies auch in Zeiten, in denen es uns wirtschaftlich nicht so gut ging wie heute –, daß wir von Humanität nicht nur sprechen, sondern diese auch leben.

Bei dieser Gesetzesänderung geht es nun darum, Vertriebenen den weiteren Aufenthalt in Österreich zu sichern. Auch aus einem persönlichen Erleben heraus möchte ich diese Regelung ganz besonders begrüßen. Ich habe am 20. Dezember 1992 einen Zettel, der in einem Supermarkt meiner Heimatstadt Wieselburg angeschlagen war, gelesen, der ungefähr so gelautet hat: Herbergssuche: Junges bosnisches Ehepaar sucht Unterkunft. – Meine Familie hat sich kurz beraten und damals entschlossen, dieses bosnische Ehepaar aus der Republik Srbska bei uns aufzunehmen (Beifall bei der SPÖ) , Quartier und Lebensunterhalt zu geben und vor allem, meine Damen und Herren, in der Folge persönlich zu betreuen. Denn neben der materiellen Unterstützung war vor allem die seelische Betreuung notwendig, da die Spuren der Gewalt sowohl physisch als psychisch deutlich erkennbar waren. Heute ist dieses Ehepaar voll integriert und mit unserem Land in tiefer Dankbarkeit verbunden.

Vielen wurde in diesem Land in ähnlicher Art und Weise geholfen. Durch dieses Ehepaar habe ich auch viele weitere Bosnier kennengelernt, viele sehr Alte und Kranke, viele, die gerne auch gearbeitet hätten, denen aber auch mit noch so großer Unterstützung keine Arbeit vermittelt werden konnte, da die gesetzliche Lage dies nicht zugelassen hat.

In Niederösterreich – die Österreich-Zahlen sind bereits genannt worden, ich kann es mir daher ersparen, diese zu nennen – waren im Jahr 1993 in etwa 7 200 Flüchtlinge in Bundesbetreuung. Heute sind es noch in etwa 1 200, die sich in Bundesbetreuung befinden.

Die einmalige Unterstützungsaktion läuft nun mit 31. Juli 1998 aus. Es bedarf daher einer neuen Lösung. Die vorliegenden Gesetze beziehungsweise Abänderungsanträge könnten eine solche Lösung bringen.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite