Bundesrat Stenographisches Protokoll 642. Sitzung / Seite 190

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Diese neuen Technologien bringen gewaltige Fortschritte mit sich. In der Informationsübermittlung werden ganz neue Qualitäten in bezug auf die Datenmenge und die Geschwindigkeit der Übermittlung, aber auch in bezug auf die Selektion von Daten erreicht werden. Es wurde schon des öfteren angesprochen: Wir bewegen uns von der Dienstleistungs- in eine neue Informationsgesellschaft. Dabei, meine Damen und Herren, geht es um die Frage: Wer soll Träger und wirtschaftlicher Nutzer dieser Technologien sein?

Schauen wir uns ein entsprechendes Szenario für Österreich kurz an. Im Bereich Fernsehen und Hörfunk gibt es den ORF, der jahrzehntelang eine Monopolstellung innehatte. Niemand kann heute sagen, in welche Richtung sich der ORF mit seinen zwei Fernsehsendern und seinen drei oder vier Rundfunksendern entwickeln wird. Bleibt er eine öffentlich-rechtliche Anstalt? Wird er eine Aktiengesellschaft? Wie viele Sender wird er in Zukunft haben? Welchen Programmauftrag wird er erfüllen oder erfüllen müssen? Wie wird sich der ORF künftig gegenüber einer europa- und weltweiten Konkurrenz behaupten können?

Der nächste Bereich betrifft die EDV. Dieser Bereich ist weitgehend privatisiert. Es gibt große Rechenzentren. Wir haben voriges Jahr ein Gesetz dafür beschlossen, daß auch das Bundesrechenzentrum in eine GesmbH einzubringen ist – was mittlerweile geschehen ist – , um auf diesem Wege Aufgaben zu übernehmen. Zu erwarten ist ein großer Konzentrationsprozeß in diesem Bereich, Großrechner-Firmen werden entsprechende Aufgaben übernehmen, und vielleicht wird auch das Bundesrechenzentrum einmal im Wege einer Einbringung oder Fusion in einer solchen Firma aufgehen.

Der dritte Bereich betrifft das Telefon, das im Mittelpunkt der heutigen Gesetzesvorlage steht. Diesbezüglich muß man zwischen zwei Entwicklungen unterscheiden: Einerseits gibt es das Festnetz, bei welchem heute noch die Post und Telekom Austria als weitaus größtes Unternehmen Marktführerin ist und private Gesellschaften, die durch die Telekom-Liberalisierung erst nach und nach vordringen werden. Andererseits gibt es eine rasante Entwicklung des Mobilnetzes, bei welchem die Mobilkom, die Tochterfirma der PTA, Marktführerin ist, es aber auch schon die Firma max.mobil auf privater Basis gibt und die dritte Lizenz an eine Firma Connect vergeben wurde, die in nächster Zeit auf dem Markt auftreten wird.

Die Gestaltung und Weiterentwicklung dieses Bereiches wird entscheidend für die Zukunft unseres gesamten Gesellschaftsystems sein, meine Damen und Herren! Denn hiebei geht es um die Frage, welche Freiheiten, sich zu informieren, und welche Abhängigkeiten von gewissen Anbietern es geben wird. Es ist heute völlig undenkbar, daß das ORF-Monopol auf Dauer bestehenbleibt, auch das Postmonopol ist nicht weiter haltbar, ein Telekom-Monopol gibt es ohnehin nicht mehr, und auch ein Datenmonopol ist nicht vorstellbar. Daher muß in diesem Zusammenhang auf gesetzlicher Basis die Möglichkeit für eine weitgehende Marktöffnung und eine weitgehende Produktfreiheit geschaffen werden. Aus diesem Grunde fordern wir Freiheitliche entsprechende zukunftsweisende Gesetze, die eine weitgehende Marktöffnung garantieren und einen breiten Wettbewerb in diesen Bereichen gewährleisten. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Ziel muß es sein, Informations- und Wahlfreiheit für den Bürger zu schaffen, verbunden mit wettbewerbsbedingten Kostensenkungen. Denn in Österreich sind die Telefongebühren im Vergleich zu anderen europäischen Staaten nach wie vor sehr hoch, und gerade ein fairer Wettbewerb in diesem Bereich, sowohl im Fest- als auch im Mobilnetz, wird in Zukunft zu Tarifsenkungen führen.

Meine Damen und Herren! Das hier vorliegende Gesetz geht unseres Erachtens nicht in die richtige Richtung, weil wir glauben, daß dieses Gesetz durch die Hintertür wiederum den Marktführer Post und Telekom, der immerhin 80 Prozent des Telefonmarktes in Österreich beherrscht, stärken und den anderen gegenüber bevorzugen will, und zwar über die Frequenzvergaben im DCS-1800-Band, indem man nämlich der Post größere Frequenzbereiche zuweisen will.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite