Bundesrat Stenographisches Protokoll 643. Sitzung / Seite 45

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Einen gewichtigen Kostenfaktor stellt selbstverständlich auch die Dreistufigkeit unseres jetzigen Systems dar. Es gibt die Verbundgesellschaft, es gibt Landesgesellschaften, und es gibt Kommunalgesellschaften. Damit sind natürlich Doppelgleisigkeiten verbunden, und die daraus entstehenden, vermeidbaren Kosten gehen in Milliardenhöhe.

Der Verbund weiß dies schon länger. Er selbst hat 1996 eine Studie in Auftrag gegeben, aus der hervorgeht, daß die Energiepreise in Österreich um 40 Prozent und die Personalkosten sogar um 100 Prozent zu hoch sind. Der Verbund hat diese Studie aber nicht zum Anlaß genommen, etwas zu verändern, sondern hat sie schubladisiert und weiterhin Vogel-Strauß-Politik betrieben, um durch ausgeprägtes Lobbying eine Liberalisierung möglichst zu verhindern und zu verzögern, was ihm aufgrund der proporzmäßigen Verstrickungen und Verbindungen zu den Regierungsparteien auch gelungen ist, wie die Kritik von Landeshauptmann Leitl ebenfalls zeigt.

Noch 1997 hat der Verbund-Generaldirektor die Situation der österreichischen E-Wirtschaft negiert und gesagt, unserer E-Wirtschaft gehe es gut, wir sollten nicht soviel Angst haben.

Im Februar 1998 ist auf einmal ein Sinneswandel eingetreten, und derselbe Verbund-Generaldirektor hat wiederum gesagt: Wir brauchen um Gottes willen ein anderes ElWOG, das uns schützt, sonst werden wir das nicht überleben. – Soviel zur vorausschauenden Politik der Manager unserer E-Wirtschaft.

Daß die Landesgesellschaften beziehungsweise der Verbund in der Vergangenheit immer als "Ausgedinge" für Landeshauptleute a. D. beziehungsweise für Parteifunktionäre mißbraucht wurden, rächt sich nun. Diese Versorgungsjobs waren und sind sehr hoch dotiert und mit Pensionszusagen in Millionenhöhe ausgestattet. Dies führt natürlich dazu, daß unsere Energieversorgungsunternehmen bei den Personalkosten um sage und schreibe 100 Prozent vom internationalen Schnitt abweichen. Und trotzdem stehen nicht die fähigsten Leute an der Spitze dieser Unternehmen!

Ziel der Änderung der Organisationsstruktur der österreichischen E-Wirtschaft muß es sein, eine eigenständige österreichische E-Wirtschaft in einer solchen gesellschaftsrechtlichen Form zu erhalten, daß eine mehrheitliche Übernahme durch einen ausländischen Investor nur in Abstimmung mit der in Österreich verfolgten Energie- und Wirtschaftspolitik möglich ist, um so den Ausverkauf unserer Wasserkraftwerke – Herr Minister Farnleitner hat diese Gefahr im Ausschuß angesprochen – hintanzuhalten.

Gleichzeitig muß den Anforderungen der EU-Binnenmarktrichtlinie für die E-Wirtschaft entsprochen werden und die Versorgung der österreichischen Wirtschaft in ihrer Gesamtheit – das heißt, einschließlich der kleinen und mittleren Unternehmen, des Gewerbes, der Industrie sowie der Tarifabnehmer im Bereich der Haushalte und der Landwirtschaft – mit elektrischem Strom zu wettbewerbsfähigen Bedingungen sichergestellt werden.

Meine Damen und Herren! Mit dem ElWOG werden wir es nicht schaffen, diese Forderungen zu erfüllen, unsere E-Wirtschaft in die freie Marktwirtschaft zu überführen und dort in Zukunft wettbewerbsfähig bestehen zu können. Das ElWOG hat Schutzbestimmungen, soweit das Auge reicht, und es gibt keine konkreten Regelungen für den Netzzugang. Dieses Gesetz sieht keinen unabhängigen Regulator vor und wird aufgrund seiner marktwirtschaftlichen Defizite von der EU beanstandet werden, wie auch Dr. Leitl angeführt hat. Laut einer Studie des Energiekonsumentenvereins wird sogar damit gerechnet, daß die Bezugskosten der Industrie nach der Liberalisierung noch höher sein werden.

Derzeit wird mit einem Bezugspreis von 80 Groschen pro Großkunde gerechnet. In Zukunft, für die Jahre 1998 bis 2000, wird mit einem Abgabepreis ab EVU von 55 Groschen gerechnet, mit einer Durchleitungsgebühr von 15 Groschen und mit Schutzkosten aufgrund der Stranded investments von wiederum 15 Groschen. Das ergäbe laut dieser Studie des Energiekonsumentenvereins einen Bezugspreis für Industriekunden von 85 Groschen, also um 5 Groschen höher als derzeit.


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