Bundesrat Stenographisches Protokoll 643. Sitzung / Seite 168

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Minderheiten sollen besonderen Schutz genießen; ich bin auch dieser Meinung, nur darf es nicht zu weit gehen. Vor allem darf das aber nicht unbedacht gegenüber der Mehrheitsbevölkerung geschehen.

Ich habe vorhin gesagt, daß ich einen Brief bekommen habe – vielleicht ist dieser in einem anderen Zusammenhang zu sehen. Für mich persönlich war er, als ich ihn gelesen und dann der Exekutive übergeben habe, ein wenig erschütternd. Der Brief wurde in Klagenfurt aufgegeben an: Josef Pfeifer, Bürgermeister, 9141 Eberndorf. Er hat folgenden Wortlaut: Wir werden Euch bald die Kehle durchschneiden, deutsche nationale Schweine! Die Grenzen fallen, die Abrechnung kommt. Es lebe Generalmeister Vouk.

Handgeschrieben ist dieser Brief, gar nicht mehr mit der Schreibmaschine verfaßt, um sich zu verstecken, sondern handgeschrieben! Er ist an mich adressiert für etwas, wofür ich nichts kann, meine Damen und Herren! Da bin ich schon etwas ins Grübeln gekommen. Man kann sagen: Du brauchst keine Angst zu haben, es wird ja nichts passieren. – Wenn jedoch etwas passiert, dann ist es zu spät – aber auch für die Minderheiten!

Ich will nicht sagen, daß dieser Brief aus einer bestimmten Richtung gekommen ist. Ich kann ihn nicht zuordnen, darf auch nicht zuordnen, will auch nicht zuordnen. Dieser Name, Vouk, sagt hier niemandem etwas; mir schon, weil ein Gemeindevorstand mit diesem Namen bei mir sitzt und Slowenenvertreter ist. Er gehört zur neuen Führungsschicht der nationalen Slowenen in Kärnten. Im vorigen Herbst fand eine Minderheiten-Enquete statt, und wer dort die Gelegenheit hatte, seine Wortmeldung zu hören und zu analysieren, weiß, wovon ich spreche. Ich kann euch sagen, mir ist es kalt über den Rücken gelaufen.

Meine Damen und Herren! Ich meine, daß der Staatsvertrag auch auf dem Gebiet des Minderheiten-Schulwesens voll erfüllt ist. (Allgemeiner Beifall.)

10.23

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Milan Linzer. Ich erteile ihm dieses.

10.23

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Ich habe im Burgenland in verschiedenen Diskussionen über die Minderheitenfrage in früheren Jahren, aber auch in jüngster Vergangenheit, immer wieder die These vertreten, daß sich die Minderheitenproblematik im Burgenland – ich denke auch historisch bedingt – von der Problematik des Minderheitenwesens in Kärnten sehr wohl unterscheidet. Die Diskussionsbeiträge, die meinem Debattenbeitrag vorangegangen sind, so glaube ich, unterstreichen diese meine Meinung, meine These.

Ich möchte aber eigentlich aus burgenländischer Sicht zum heutigen Thema, der Novelle zum Minderheiten-Schulgesetz sprechen.

Meine Damen und Herren! Ich meine, daß im Burgenland spätestens seit der Ostöffnung, seit dem EU-Beitritt Österreichs, seit der Diskussion über die Osterweiterung und der damit verbundenen bedeutenden Nachfrage nach Arbeitskräften, die auch Ostsprachen beherrschen – vor allem die ungarische und kroatische Sprache –, ein bis in die letzten Dörfer getragenes Umdenken bezüglich der Minderheiten vollzogen wurde.

Mochten früher – bis in die achtziger Jahre – auch gewisse Ressentiments bei verschiedenen Gesellschaftsgruppen dahin gehend geherrscht haben, daß nicht so sehr die Sprache entscheidend wäre für das Fortkommen des Menschen, des Burgenländers, sondern eher der soziale Status, die Berufsbildung und die Berufsanstellung, so gehören diese Dinge längst der Vergangenheit an. Ich glaube, daß wir Burgenländer nunmehr stolz darauf sein können, daß nicht nur die Minderheitsbevölkerung, sondern natürlich auch die Mehrheitsbevölkerung die besondere Bedeutung der Minderheitenkulturen, vor allem der Sprachkulturen, schätzt und unterstreicht.


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