Bundesrat Stenographisches Protokoll 643. Sitzung / Seite 193

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Sie von den Freiheitlichen bringen selbst einen Antrag ein. Und für mich persönlich gibt es darin einige Dinge, die gar nicht unproblematisch sind. Von einem fertigen Haus, in das man einziehen könnte, kann man da nicht unbedingt sprechen! Sie erlauben beispielsweise sonstige sexuelle Handlungen ab 12 Jahren, Beischlaf allerdings erst ab 14. Für mich persönlich ist das nicht schlüssig, weil sexuelle Experimente damit lockerer gehandhabt werden als die eigentliche Beischlafliebe – also jene sexuellen Erfahrungen, die junge Leute natürlicherweise machen. Das ist für mich eigentlich nicht nachvollziehbar, für die Experten übrigens auch nicht.

Sie haben diesen Punkt der gewaltähnlichen sexuellen Handlungen, wie etwa die Penetration mit Gegenständen, auch erst nachträglich eingebracht. Das war ursprünglich nicht berücksichtigt, zumindest nicht in der ersten Fassung im Nationalrat. Das gilt auch für die Ausdehnung der Verjährungsfristen, und das finde ich in diesem Zusammenhang besonders bemerkenswert.

Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Sie haben ursprünglich eine viel täterfreundlichere Linie vertreten. Sie sind für kürzere Verjährungsfristen eingetreten, und diese hätten Ihrer Ansicht nach auch früher zu laufen beginnen sollen. Jetzt stellen Sie sich hierher und sagen: "Der Schutz der Opfer muß hier unbedingt Vorrang haben." – Das sagen wir auch! Aber ich glaube, im Lichte dieser Tatsachen muß ich Sie fragen, wie Sie denn zu Ihrer bisherigen Linie stehen, die ja von Ihnen einmal vertreten wurde, in besonderer Form etwa von Herrn Abgeordneten Ofner.

Ich sage dazu, um nicht mißverstanden zu werden: Ich begrüße, daß Sie Ihre Meinung geändert haben, ich finde diesen Gesinnungswandel gut, aber tun Sie jetzt nicht so, als ob Sie die alleinige Wahrheit gepachtet hätten! (Bundesrat Kone#ny: Richtig!)

Ich glaube schon, daß man den Experten vertrauen kann, und ich würde mir eine gemeinsame Vorgangsweise bei diesem wichtigen Thema wünschen. Ich finde auch, daß diese Materie zur parteipolitischen Profilierung einfach nicht geeignet ist. Ich glaube, dazu ist das Thema zu ernst.

Ich meine, die Bekämpfung des Kindesmißbrauchs ist ein gesamtgesellschaftliches Anliegen. Selbstverständlich wissen wir auch, daß Strafen alleine nicht ausreichen, daß es flankierender Maßnahmen bedarf, daß man mehr Information und Aufklärung braucht, daß es Hilfe für die Opfer geben muß und daß man auch jenen Organisationen Hilfestellung geben muß, die es sich zum Ziel gesetzt haben, den Opfern zu helfen. Es wird, wie ich schon erwähnt habe, weiter daran gearbeitet, und es werden weitere Vorschläge bis Jahresende hier vorliegen, insbesondere, was den Opferschutz betrifft, etwa die Aufnahme der Kosten für Psychotherapie von Mißbrauchsopfern im Leistungskatalog des Verbrechensopfergesetzes – in Zusammenarbeit mit dem Sozialministerium –, beziehungsweise Maßnahmen für die Überwachung und die Behandlung von Tätern.

Wir wissen natürlich, daß es im Kampf gegen diese Mißstände nie einen Endpunkt geben kann. Das weiß auch die Bundesregierung, daher brauchen Sie, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, dies jetzt nicht als Begründung für Ihren Antrag zu bemühen. Im Nationalrat haben Sie das noch explizit drinstehen gehabt. Offensichtlich haben Sie aber erkannt, daß es eigentlich nicht notwendig ist, weil wir uns alle dazu bekennen, und im Antrag, den Sie hier einbringen werden, findet es sich schon nicht mehr.

Ich meine, es wäre für die Sache gut und wichtig, wenn es eine gemeinsame Vorgangsweise gäbe. Ich persönlich würde mir einen gemeinsamen Beschluß wünschen.

Ich glaube, daß es von den Freiheitlichen nicht legitim ist, zu sagen: Wenn man ihrem Antrag hier nicht folgt, dann kann man beispielsweise den eigenen Kindern nicht mehr in die Augen schauen. – So etwas zu sagen, ist hier wirklich fehl am Platze. Besser wäre es, im nationalen Konsens vorzugehen. Schade um dieses Signal des gemeinsamen Anliegens! Wir von der ÖVP werden dieser Vorlage jedenfalls zustimmen, weil sie für den Schutz der jungen Leute ein Fortschritt ist. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.18


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