Bundesrat Stenographisches Protokoll 644. Sitzung / Seite 11

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Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie

Präsident Alfred Gerstl: Wir kommen nunmehr zur 1. Anfrage, 928/M, an den Herrn Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

928/M-BR/98

Welche Verbesserungen würde die Realisierung Ihres Vorschlages, Karenzgeld für alle Mütter und Väter einzuführen, mit sich bringen?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Herr Bundesrat! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die derzeitige Karenzgeldsituation hat vor allem die Schwäche, daß etwa 11 Prozent aller Frauen und Mütter dieses Landes – theoretisch auch der Väter, aber wir wissen, daß 99 Prozent der KarenzgeldbezieherInnen Frauen und Mütter sind – keinen Karenzgeldanspruch haben, weil auf der einen Seite der Karenzgeldanspruch an eine vorhergehende Erwerbstätigkeit gebunden ist, auf der anderen Seite die Finanzierung des Karenzgeldes durch die Entwicklung der letzten Jahre und Jahrzehnte heute schon zu 75 Prozent, also zu drei Vierteln, aus dem Familientopf, aus dem Familienlastenausgleichsfonds geleistet wird.

Ich habe daher vorgeschlagen, daß man auch diesen 11 Prozent der Frauen und Mütter Österreichs, die diesen Anspruch bisher nicht haben, einen Karenzgeldanspruch zugute kommen läßt. Es würde das insbesondere solche Gruppen von Frauen betreffen, die sozial schwächergestellt sind, die einkommensmäßig schwächergestellt sind, wie etwa Studierende, Schülerinnen, Bäuerinnen, wie zum Beispiel auch Bezieherinnen von Notstandshilfe oder Bezieherinnen geringfügiger Einkommen.

Das würde gleichzeitig auch den Vorteil mit sich bringen, daß die Zuverdienstmöglichkeiten zum Karenzgeldbezug anders geregelt würden, wodurch das große Thema "bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf" deutlich besser bewältigt werden könnte. Heute gibt es de facto ein Berufsverbot, das heißt, die heutige Art, mit Karenzgeld umzugehen, drängt, wenn man so will, die Frau und Mutter dazu, zu Hause zu bleiben und später beim Wiedereinstieg Schwierigkeiten zu haben. Diesbezüglich würde mein Vorschlag entscheidende Vorteile bringen, Herr Bundesrat!

Präsident Alfred Gerstl: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Herr Bundesminister! Wie stehen Sie zu der Aussage von Frau Schmidleithner, daß Karenzurlaub für alle ein soziales Verbrechen sei?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Ich habe die Kritik von Frau Schmidleithner nicht verstanden und auch auf eine direkte Frage in einer Fernsehdiskussion nicht wirklich eine Antwort bekommen. Ich verstehe diese Kritik vor allem deswegen nicht, weil aufgrund meines Vorschlages niemandem etwas weggenommen, sondern nur der Kreis etwas ausgeweitet werden soll.

Man kann auch nicht vom Gießkannenprinzip sprechen, wenn knapp 90 Prozent der Frauen dieses Landes derzeit schon diesen Anspruch haben und man das jetzt auf 100 Prozent ausweiten möchte – ausweiten um solche Frauengruppen, die es wahrhaftig nötig haben.


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