Bundesrat Stenographisches Protokoll 644. Sitzung / Seite 12

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Für mich ist es eine Frage der Gerechtigkeit, auch der sozialen Gerechtigkeit, diesen Kreis zu erweitern und allen Müttern dieses Landes einen Karenzgeldanspruch zuzuerkennen. Mir ist jede Mutter in diesem Sinne gleich viel wert.

Präsident Alfred Gerstl: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Freiberger, ich bitte um Ihre Zusatzfrage.

Bundesrat Horst Freiberger (SPÖ, Steiermark): Herr Bundesminister! Wenn zweifelsohne außer Streit zu stellen ist, daß die FLAF-Mittel aus einem Einkommensverzicht der Unselbständigen aufgebracht werden und deshalb das Karenzgeld als Einkommensersatz für Beschäftigte zu sehen ist, dann frage ich Sie, Herr Minister, glauben Sie, daß Ihr Vorschlag, eine Verteilung von geleisteten Arbeitnehmerbeiträgen hin zu einer Zielgruppe, die diese Leistungen nicht benötigt, was somit auch eine Begünstigung der Reichen darstellt, gerecht ist?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat! Außer Streit zu stellen ist hier sicher nichts. Denn wenn Sie von Arbeitnehmerbeiträgen sprechen, dann mache ich Sie darauf aufmerksam, daß es sich jedenfalls von der formellen Richtigkeit her um Dienstgeberbeiträge handelt. Und diesen Streit, wie die Aufkommenssituation historisch zu betrachten ist, ob es sich um Dienstgeberbeiträge handelt, die durch Lohnverzicht entstanden sind, ja oder nein, nach Jahrzehnten zu führen, halte ich eigentlich für müßig.

Auf der anderen Seite würde die in Ihrer Fragestellung enthaltene Meinung bedeuten, daß man auch andere Leistungen des FLAF bestimmten Bevölkerungsgruppen nicht zukommen lassen könnte. Sie sprechen also offensichtlich in die Richtung, daß FLAF-Leistungen nur Arbeitnehmern zukommen sollten. Damit würden Sie einem guten Teil der Bevölkerung die Familienbeihilfe entziehen wollen, die doch die Stammleistung des FLAF ist, denn das würde es selbstverständlich zur Folge haben.

Zu Ihrer weiteren Formulierung, das Karenzgeld nur Reichen zukommen zu lassen: Ich würde Sie wirklich einladen, sich zu überlegen, ob denn Studierende, ob denn Schülerinnen, ob denn Bezieherinnen von Notstandshilfe, ob denn Bezieherinnen von geringfügigen Einkommen, ob Bäuerinnen oder ob auch manche Frauen von Selbständigen, von kleinen Gewerbetreibenden, unter Ihren Dachbegriff "Reiche" zu subsumieren sind.

Ich kann mit dieser Polemik, die da lautet – Sie haben es nicht gesagt, aber andere –, die Fabrikantengattinnen würden da begünstigt, nicht sehr viel anfangen.

Präsident Alfred Gerstl: Wird eine weitere Zusatzfrage gewünscht? – Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth, bitte.

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich schließe an das, was Sie zuletzt gesagt haben, auch bezüglich der Selbständigen an.

Es gibt da jetzt verschiedene Meldungen darüber, was es kosten würde, wenn alle Mütter Karenzgeld bekämen, unabhängig davon, ob sie vorher erwerbstätig waren oder nicht. Haben Sie schon einen Berechnungsschlüssel, wie hoch die Kosten bei den Selbständigen oder auch bei den Bäuerinnen und bei den Nichterwerbstätigen sein werden?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Frau Bundesrätin! 700 bis 800 Millionen Schilling Mehraufwand bedeutet mein Vorschlag. Das ist etwas, was im Hinblick auf die Entwicklung des Familienlastenausgleichsfonds auch in Zeiten wie diesen, in denen weiter gespart werden muß, verantwortbar ist. Mir geht es, wie gesagt, um die soziale Gerechtigkeit, und dementsprechend hat man das auch im Lichte dessen zu sehen, daß die Gesamtaufwendungen des Familienlastenausgleichsfonds bei rund 55 Milliarden Schilling jährlich liegen.


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