Bundesrat Stenographisches Protokoll 645. Sitzung / Seite 53

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12.04

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich bin Kollegin Haunschmid dankbar dafür, daß ihr der Mund übergegangen ist und sie gewissermaßen das Innere nach außen gekehrt hat. (Bundesrat Prähauser: Einfach ehrlich!) Ich würde ganz einfach sagen: Frau Kollegin Haunschmid! Ihr Lack ist ab. (Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP.) Mehr kann ich dazu gar nicht sagen.

Nun einige Anmerkungen zu Ihrer Einstellung bezüglich sozialer Sicherheit. Sie haben gesagt, daß die soziale Sicherheit ein Faß ohne Boden und der Staat alleine für die Arbeitsplätze verantwortlich sei. Das heißt, daß Sie als Unternehmerin für die Gewinne verantwortlich sind. Weg mit dem Staat! Das kann nur heißen, daß Sie gegen den demokratischen Staat sind, in dem Sie jetzt leben. Das läßt natürlich den Schluß zu, daß Sie sich einen anderen, nicht demokratischen Staat wünschen und daß diesem Ihre politische Tätigkeit gilt. (Bundesrat Dr. Harring: Aber geh, hör auf!) Das ist sehr klar und deutlich gesagt worden. Ich weiß schon, daß das unangenehm ist, aber wenn Sie hier vom Rednerpult aus solche Worte sprechen, dann müssen Sie sich auch die entsprechenden Antworten gefallen lassen. (Bundesrätin Haunschmid: Wenn man etwas Gutes nicht verstehen will!) Und das ist nicht überraschend! Manche von Ihnen machen das geschickter, Sie sind dazu nicht willens oder nicht imstande. Diese Beurteilung überlasse ich Ihren Kolleginnen und Kollegen in Ihrem Klub. (Bundesrätin Haunschmid: Sie haben genau verstanden, was ich gesagt habe!)

Auch zur Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes, die heute unsere Zustimmung bekommen soll, meinten Sie, daß es zu einer Begünstigung der Ausländer komme, was schlicht falsch ist. Ihre dahin gehende Feststellung ist nicht aufrechtzuerhalten. Sie haben auch beklagt, daß die Selbständigen, die weiblichen Selbständigen, sofern sie ein Kind gebären, keinen Anspruch auf Karenzgeld haben. Wenn sie angemeldet sind und die entsprechenden Beiträge bezahlen, dann haben sie genauso wie alle Unselbständigen Anspruch auf Karenzgeld und auch auf Arbeitslosengeld. (Bundesrätin Haunschmid: Aber Selbständige sind nicht angemeldet!) Ich kann Ihnen sowohl aus Ihrem Bundesland als auch aus anderen Fremdenverkehrsbundesländern viele Beispiele dafür nennen, daß Frauen oder Männer von Selbständigen sehr wohl Arbeitslosengeld beziehen und dennoch ihre normale Tätigkeit in ihrem Betrieb machen. (Bundesrätin Haunschmid: Das ist eine Unterstellung, Herr Kollege!) Sie brauchen sich nur bei den regional Zuständigen und Verantwortlichen der Arbeitsmarktserviceeinrichtungen zu erkundigen, vielleicht sind sie gar Vertreter der Wirtschaftskammer in diesen Beiräten.

Wir werden heute auf jeden Fall die Voraussetzungen dafür schaffen, daß es künftig Verbesserungen für jene Frauen geben wird, die bisher davon ausgeschlossen gewesen sind. Bisher galt die Regelung, daß eine Arbeitslose oder ein Arbeitsloser unter anderem Anspruch auf Notstandshilfe hatte, wenn sie oder er in den letzten zehn Jahren vor der Geltendmachung des Anspruches auf Arbeitslosengeld oder Karenzgeld 416 Wochen oder acht Jahre arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war. Es kam sehr oft vor, daß Frauen in dieser Zeit der Arbeitslosigkeit ein Kind geboren haben und aufgrund des Karenzgeldbezuges nachher keinen Anspruch auf Notstandshilfe hatten. Das ist eine weder gerechtfertigte noch vertretbare Härte. Um diese ungerechtfertigte Härte zu beseitigen, wird nun die Zehnjahresfrist um die Zeit des Karenzgeldbezuges verlängert.

Mit dieser heutigen Novellierung wird mit Sicherheit erreicht, daß nun auch arbeitslose Frauen, die wegen eines Karenzgeldbezuges die bisher notwendigen Voraussetzungen nicht erbringen konnten, einen Anspruch auf Notstandshilfe geltend machen können. Die Novellierung tritt rückwirkend mit 1. April 1998 in Kraft. Bei dieser Gelegenheit werden auch vier Regelungen als Anspruchsvoraussetzung für die Notstandshilfe in Kraft gesetzt, welche sind: acht Jahre Beschäftigung während zehn Jahren in Österreich, die Hälfte der Schulpflicht muß in Österreich absolviert werden, Geburt in Österreich, die Hälfte der Lebensarbeitszeit muß in Österreich verbracht werden.

Was Sie bekritteln – seien wir froh, daß dies positiv erledigt wurde –, ist die bisherige Diskriminierung wegen einer anderen Staatsbürgerschaft. Diese ist somit ausgeschlossen. All jene Frauen, die bisher negativ beschieden wurden, haben nach heutiger Beschlußfassung die Möglich


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