Bundesrat Stenographisches Protokoll 645. Sitzung / Seite 67

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Die Republik Österreich hat völkerrechtlich verbindliche Erklärungen gemäß Artikel 2 Abs. 1 des Übereinkommens dahin gehend abgegeben, daß sie in folgenden Fällen nicht gebunden ist:

erstens, wenn die Tat, die dem Urteil zugrunde lag, ganz oder teilweise auf unserem Gebiet begangen wurde – im letzten Fall jedoch dann nicht, wenn die Tat teilweise auch im Gebiet des Urteilstaates begangen wurde –,

zweitens, wenn die Tat bestimmte Strafttatbestände erfüllt hat, wie Hochverrat, staatsfeindliche Verbindungen, Landesverrat, Herabwürdigung des Staates und seiner Symbole, Angriffe auf oberste Staatsorgane, strafbare Handlungen gegen das Bundesheer oder solche, die jemand gegen einen österreichischen Beamten während oder wegen der Vollziehung seiner Aufgaben begeht,

und drittens, wenn die Tat, die dem ausländischen Urteil zugrunde lag, von einem österreichischen Beamten unter Verletzung seiner Amtspflichten begangen wurde.

Von selbst versteht sich allerdings, daß diese Ausnahmen nicht in Betracht kommen, wenn Österreich selbst andere Mitgliedstaaten um Übernahme der Strafverfolgung ersucht oder die Auslieferung des Beschuldigten bewilligt hat.

Lassen Sie mich den Kern der vertraglichen Regelung daher so zusammenfassen: Im Grunde geht es bei Artikel 4 um die Einrichtung eines Konsultationsmechanismus zwischen den zuständigen Behörden der Vertragsstaaten mit dem Ziel, den fundamentalen Verfahrensgrundsatz des ne bis in idem abzusichern. Artikel 5 stellt zudem klar, daß weitergehende innerstaatliche Regelungen über den Ausschluß der Doppelbestrafung unberührt bleiben. Meines Erachtens wirft freilich dieses Regime zur Vermeindung des ne bis in idem interne Folgefragen auf, insbesondere etwa jene: Entspricht es dann noch diesem Standard auch im Hinblick auf den innerstaatlichen Gleichheitssatz, ein und dieselbe Handlung sowohl strafgerichtlich als auch disziplinarrechtlich zu sanktionieren?

Diese intrasystematischen Probleme des österreichischen Rechtes werden wir noch auszutragen haben. Sie sollen uns aber nicht daran hindern, den mit dem vorliegenden Übereinkommen erzielten Fortschritt der Rechtsentwicklung im Bereich des internationalen Strafrechts völlig anzuerkennen, nämlich der grenzüberschreitenden Wahrung des Verbotes der Doppelbestrafung ein und derselben Straftat.

Meine Fraktion wird daher auch dieser Vorlage so wie der zuvor erörterten gerne ihre Zustimmung geben. – Ich danke Ihnen. (Allgemeiner Beifall.)

13.07

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Josef Rauchenberger. Ich erteile ihm das Wort.

13.07

Bundesrat Josef Rauchenberger (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Kollegen Dr. Liechtenstein und Dr. Böhm haben bereits ausgeführt, daß es sich bei den gegenständlichen Vorlagen um längst fällige Anpassungen an EU-Recht handelt, einerseits um das Abkommen über die Vereinfachung und Modernisierung der Verfahren zur Übermittlung von Auslieferungsersuchen, welches bereits am 26. Mai 1989 geschlossen wurde, und andererseits um das Übereinkommen über das Verbot der doppelten Strafverfolgung vom 25. Mai 1987.

Mit dem Titel dieser beiden Vorlagen sind auch schon die Inhalte definiert. Im übrigen sind die beiden Vorredner, im besonderen Dr. Böhm, konkret darauf eingegangen. Die durch das österreichische Parlament vorgesehene Zustimmung zur Genehmigung der beiden Vorlagen hat mich dazu veranlaßt, zu hinterfragen, welche europäischen Rechtsnormen bisher noch nicht in innerstaatliches Recht übernommen wurden. Aufgrund der in den gegenständlichen Vorlagen genannten Daten seit dem Abschluß 1985 beziehungsweise 1987 war zu befürchten, daß es viele weitere unerledigte Bereiche geben könnte. Erfreulicherweise ist dies zumindest im Justizbereich laut den Informationen seitens Ihres Ministeriums, sehr geehrter Herr Bundesminister, nicht der Fall.


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