So gibt es im Zivilrecht drei und im Strafrecht vier offene Bereiche, die allerdings erst in den letzten Jahren ab 1995 geregelt wurden. Österreich war daher in diesem Bereich nicht säumig. Konkret ist das im Zivilrecht das Europäische Zustellübereinkommen. Diesbezüglich ist Österreich hinsichtlich der Ratifikation nicht im Verzug. Brüssel 2, das Abkommen über Zuständigkeit und Anerkennung in Ehesachen, wurde erst in der ersten Hälfte des heurigen Jahres unterzeichnet. Was das Insolvenzübereinkommen betrifft, ist aufgrund eines Streits zwischen Spanien und Großbritannien wegen der Gribraltarklausel noch keine Unterzeichnung erfolgt.
Im Strafrecht betrifft es schließlich das Übereinkommen über die Übertragung der Strafverfolgung und das Übereinkommen über die Vollstreckung ausländischer strafrechtlicher Verurteilungen. Beide sind noch aus der dritten Säule, Inneres und Justiz, also aus der Europäischen Politischen Zusammenarbeit, offen. Das Übereinkommen über die Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten der EU stammt erst vom 27. September 1996 und das Einkommen über vereinfachtes Auslieferungsverfahren vom 10. 3. 1995. Die beiden letztgenannten Vereinbarungen sollen noch im Herbst dieses Jahres dem Parlament zugeführt werden.
Die gegenständlichen Vorlagen betreffend Auslieferungsersuchen und Strafverfolgung geben mir aber auch Gelegenheit, auf ein im europäischen Bereich sehr aktuelles Thema einzugehen.
Wie Sie wissen, putschte vor 25 Jahren, am 11. September 1973, das chilenische Militär unter Führung von Augusto Pinochet gegen die demokratische Regierung von Salvador Allende. Unzählige Chilenen, aber auch fremde Staatsbürger – darunter viele Spanier – wurden in den Jahren des Militärregimes verfolgt, in Haft genommen oder zu Tode gefoltert.
Die Menschenrechte wurden zumindest bis zum Übergang zur Demokratie im Jahre 1989 brutalst mißachtet. Noch heute sind das Schicksal vieler Menschen und ihr Verbleib ungeklärt. Auch wenn Kritik und Widerstand gegen den nunmehrigen Senator auf Lebenszeit Pinochet im Land selbst wachsen, können ihn der Freibrief des Militärs und die in Chile geltende Immunität im Ausland nicht ungeschoren lassen. Es entsprach daher nicht nur europäischem Recht, daß Großbritannien dem Antrag Spaniens nachkam und die Verhaftung Pinochets in London vornahm. Mit dieser mutigen Entscheidung bewiesen die regierenden Sozialdemokraten Großbritanniens vielmehr, daß Menschenrechte unteilbar sind.
Obwohl die ehemalige Premierministerin und Konservative Lady Thatcher Pinochet noch unmittelbar vorher zum Tee lud und damit offensichtlich ein Signal setzen wollte, müssen die bisher ungesühnten Verbrechen dieses Diktators und Putschisten gerichtlich verfolgt werden.
Europa hat mit dem durch Großbritannien gesetzten Schritt einen notwendigen, den Menschenrechten verpflichteten, demokratisch legitimierten und rechtsstaatlichen Schritt gesetzt. Jetzt muß Pinochet den gerichtlichen Instanzen übergeben und seiner gerechten Strafe zugeführt werden. Diese Vorgangsweise muß durch all jene Unterstützung finden, denen Demokratie und Menschenrechte ein echtes Anliegen sind.
In diesem Sinn freue ich mich, daß wir mit den heute vorliegenden Vereinbarungen ein Recht schaffen, welches uns verpflichtet, im europäischen Bereich nach diesen Grundsätzen zu handeln.
Meine Fraktion wird deshalb gegen die zur Debatte stehenden Vorlagen keinen Einwand erheben, sondern mit Freude zustimmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)
13.12
Vizepräsident Jürgen Weiss:
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.
Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.
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