Bundesrat Stenographisches Protokoll 646. Sitzung / Seite 22

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Bundesrätin Dr. Susanne Riess-Passer (Freiheitliche, Wien): Frau Bundesministerin! (Die Rednerin hält eine Ansichtskarte in die Höhe, auf der "BartenSteinzeit" steht.) Meine Frage lautet:

966/M-BR/98

Identifizieren Sie sich als darin zitierte Ministerin mit den Inhalten der Werbekampagne der SozialdemokratInnen, in der die Familienpolitik des Koalitionspartners als steinzeitlich abqualifiziert wird?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesrätin! Sie werden wahrscheinlich auch die Rückseite gut gelesen haben. Es ist eine Tatsache, daß die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ein, wie ich meine, zukunftsweisendes Bild von den Familien haben, in dem alle in einer Familie Lebenden gleichberechtigt nebeneinander stehen, die gleichen Chancen vorfinden und Eigenständigkeit besitzen. Damit ist auch der beste Boden dafür gelegt, daß man zusammenlebt und miteinander lebt.

Ich halte nichts davon, wenn in irgendeiner Form Maßnahmen so konzipiert sind, daß sie andere Lebenssituationen nicht mehr zulassen. Die Antworten geben uns die Familien ständig selbst, indem sie solche Konzepte nicht zur Kenntnis nehmen und diese nicht wollen. Auch wenn wir Hunderte und Tausende von Maßnahmen setzen: Wenn wir die Rahmenbedingungen für ein besseres Miteinander nicht zustande bringen, dann wird es weiterhin Scheidungen im derzeitigen oder noch höheren Ausmaß geben.

Ich glaube, wir sollten in eine neue Dimension der Partnerschaft eintreten, und diese neue Dimension der Partnerschaft könnte lauten: Eigenständigkeit und wirkliche Unabhängigkeit voneinander. Denn die tatsächliche Unabhängigkeit voneinander gewährleistet, daß man sich auch täglich umeinander bemühen muß, daß man auch täglich aufeinander Rücksicht nehmen muß, aufeinander zugehen muß. – Daß all das kein leichtes Unterfangen ist, wissen alle, die in Partnerbeziehungen leben oder gelebt haben.

Ich denke aber, die schlechteste Basis ist es, wenn man ein Mitglied oder mehrere Mitglieder – damit spreche ich auch die Kinder an – in einer Partnerschaft in Abhängigkeiten setzt und glaubt, damit können sie nicht mehr davon und nicht mehr aus. Eine solche Situation wollen wir nicht. Wir wollen ein selbstbestimmtes, ein frei bestimmtes Familienleben, und das darf nicht ausschließlich zu Lasten der Frauen gehen!

Ich gehe davon aus, daß wir in Zukunft die schönen wie die nicht so schönen Seiten einer Partnerschaft gemeinsam zu tragen haben, daß wir Erwerbsarbeit und auch die Versorgungsarbeit zu Hause gemeinsam bewerkstelligen – Männer wie Frauen – und daß wir damit den besten Boden für die Zukunft vor allem der Kinder zustandebringen. (Beifall bei der SPÖ.)

Präsident Alfred Gerstl: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Frau Dr. Riess-Passer.

Bundesrätin Dr. Susanne Riess-Passer (Freiheitliche, Wien): Frau Bundesministerin! Sie haben meine Frage sehr wortreich nicht beantwortet. Ich möchte aber Ihren Begriff von der neuen Dimension der Partnerschaft aufgreifen. Die neue Dimension der Partnerschaft in der großen Koalition besteht offensichtlich darin, daß man dem Familienminister des Koalitionspartners steinzeitliche Methoden vorwirft. Ich frage Sie daher noch einmal: Worauf bezieht sich der Vorwurf gegen eine Familienpolitik der "BartenSteinzeit"?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer: Das, was ich in Zukunft ganz sicher nicht mittragen werde, ist eine Familienpolitik, die die Rollenzementierung festschreibt. Wir wollen die Rollenveränderung, zumindest die


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