Bundesrat Stenographisches Protokoll 646. Sitzung / Seite 87

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Da haben wir zum einen die Klage gegen unsere Brenner-Maut. Ich darf in Erinnerung rufen, daß vor dem Beitritt zur Europäischen Union und der dazu abgehaltenen Abstimmung der Transitvertrag vom damaligen Verkehrsminister Viktor Klima und vom Landeshauptmann von Tirol als die Lösung der Transitproblematik im Bereich Tirols verkauft worden ist. In der Zwischenzeit wissen wir, daß mit diesem Transitvertrag und mit der Verkehrspolitik der Europäischen Union die Problematik im Transitbereich über die Alpen erst so richtig gewachsen ist.

Sie wissen, meine Damen und Herren der Regierung, daß es Ihnen mit der Anonymität der Sparbücher genauso ergehen wird wie mit der Brenner-Maut. Sie werden nicht halten können, was Sie in diesen Bereichen der Bevölkerung versprochen haben.

Meine Damen und Herren! Sie haben hinsichtlich Ihrer europäischen Politik auch einige verblüffende Richtungsänderungen hinter sich. Ich denke nur an das Thema Arbeitslosigkeit. Die 250 000 bis 300 000 Arbeitslosen in Österreich und die 18 bis 20 Millionen Arbeitslosen auf europäischer Ebene haben die österreichische Bundesregierung und die Regierungen der anderen Mitgliedsstaaten der EU dazu veranlaßt, sich dieses Themas endlich anzunehmen. Sie haben im April dieses Jahres den sogenannten Nationalen Aktionsplan beschlossen, und die anderen Regierungen innerhalb der EU haben dasselbe getan. Diese Regierungen haben sich dann beim Gipfel in Cardiff gegenseitig auf die Schultern geklopft für diese Nationalen Aktionspläne. Daß aufgrund dieser Regelungen aber auch nur ein Arbeitsloser innerhalb der Europäischen Union einen Arbeitsplatz bekommen hat, meine Damen und Herren, den Beweis dafür sind Sie schuldig geblieben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren der Regierung! Diese Aktionspläne sollen den Menschen in Europa vormachen, daß die EU oder irgendeine nationale Regierung quasi Arbeitsplätze verordnen kann.

Sie haben auch eine seltsame Änderung Ihrer europäischen Politik im Bereich der Forderung nach Senkung der Mitgliedsbeiträge hinter sich. Ich darf Sie noch auf die diesbezügliche Polemik gegen uns Freiheitliche erinnern, als wir diese Vorschläge gebracht haben, als wir diese Forderungen erhoben haben: Da sagten Sie noch, das sei eine billige populistische Aussage von Oppositionspolitikern. Derzeit schaut es allerdings anders aus. Derzeit, meine Damen und Herren, scheint das wieder modern geworden zu sein. Weil nationale Wahlen ins Haus stehen, ist plötzlich auch der Bundeskanzler der Republik Österreich dafür.

Seltsamerweise wird auch die Subsidiarität verlangt. Plötzlich entdecken Sie den Bürger der Europäischen Union, und plötzlich entdecken die Regierungen, daß man auch für die Bürgernähe hinsichtlich der Institutionen und ihrer Reform politisch etwas tun muß. Aber dieses Thema war dem Bundeskanzler für den Gipfel von Pörtschach zu wenig reißerisch. Es wurde deshalb dort auch nur in Ansätzen bis gar nicht behandelt.

Ein wesentlicher Bereich ist auch die EU-Osterweiterung. Wir konnten dieses Thema hier im Bundesrat anläßlich von dringlichen Anfragen und Debattenbeiträgen schon des öfteren mit Ihnen diskutieren. Sie verlangen die Osterweiterung zu übereilt, Sie beachten nicht die Probleme auf dem Arbeitsmarkt in den grenznahen Gebieten, Sie beachten nicht die Probleme der kleinen und mittleren Unternehmer, und Sie verweigern das Erkennen der unkontrollierten Wanderungsbewegungen nach dem Beitritt dieser osteuropäischen Länder.

Sie betreiben nach wie vor übereilt die Wirtschafts- und Währungsunion. Sie gehen in den Euro, ohne daß die Konvergenzkriterien der Staaten, die dort mitmachen, wirklich und ehrlich erfüllt werden.

Daneben, meine Damen und Herren der Bundesregierung, verlangen Sie für Grenzregionen Förderungen nach dem Beitritt dieser mittel- und osteuropäischen Länder. Sie wissen aber ganz genau, daß es diese Förderungen für diese Regionen Österreichs nicht geben wird.

Meine Damen und Herren! Europäische Politik muß nach unserem Dafürhalten eine ehrliche Politik für die Bürger sein – und nicht für die EU-Institutionen. Die Zustimmung der Menschen unseres Landes ist wichtiger als das Schulterklopfen einiger EU-Bürokraten.


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