Bundesrat Stenographisches Protokoll 646. Sitzung / Seite 88

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Die Widersprüche unserer Bundesregierung, meine Damen und Herren, wie ich sie hier skizziert habe, verwandeln sich allerdings in fahrlässige Klüfte, wenn es um die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik geht. Das, meine Damen und Herren der Regierungsparteien, ist nach wie vor Ihr Meisterstück. Ich habe nach dem Gipfel von Cardiff, der im Frühjahr dieses Jahres stattgefunden hat, ganz überrascht gelesen, daß nicht nur der Herr Bundeskanzler, sondern auch der Herr Außenminister eine schlagkräftigere Union in den Bereichen Außen- und Sicherheitspolitik verlangt haben.

Ich habe diese Einigkeit innerhalb der Regierungsparteien mit Freude aufgenommen. Ich wurde jedoch wieder auf den Boden der österreichischen Realität zurückgeholt, als bald darauf ein sogenannter NATO-Workshop hier in Österreich stattgefunden hat und sich unser Herr Außenminister damals richtigerweise zur Aussage verpflichtet gefühlt hat, daß in Hinkunft die Solidarität wohl vor der Neutralität kommen müsse.

Das, meine Damen und Herren, hat damals wiederum unseren Bundeskanzler dazu veranlaßt, ihm in den Rücken zu fallen und zu erklären: Wenn sich die NATO verändert im Sinne einer friedenserhaltenden und friedensschaffenden Organisation, ohne Nuklearwaffen und ohne diese Beistandspflicht, wie sich Viktor Klima ausgedrückt hat, die uns zwingen könnte, zum Beispiel in der Türkei unsere Soldaten einzusetzen, dann sind wir jederzeit gesprächsbereit.

Das, meine Damen und Herren, war eine staatspolitische Meisterleistung unseres Herrn Bundeskanzlers, und sie wurde von der Presse auch treffend kommentiert: als unlogisch, widersprüchlich und grenzenlos naiv. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Widerspruch bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Das war allerdings zu diesem Thema noch nicht der Höhepunkt, denn es kam nach dem Gipfel von Cardiff auch noch der Gipfel von Pörtschach, und – wir sollten uns alle darauf freuen – es wird noch einen Gipfel in Wien geben. Das, meine Damen und Herren, wird, wenn man den Aussagen der Bundesregierung glaubt, der Gipfel schlechthin werden.

Aber Pörtschach war auch im Hinblick auf die Sicherheitpolitik ausreichend interessant. Im Rahmen des Gipfels von Pörtschach hat Bundeskanzler Klima erfreut gemeint, daß es nunmehr im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik innerhalb der EU eine neue Dynamik gebe, ja geradezu eine Bewegung entstanden sei, die von London ihren Ausgang genommen habe. Laut Premierminister Blair, der dort einen vielbeachteten Vortrag gehalten hat, sei die gegenwärtige Situation in der Außen- und Sicherheitspolitik inakzeptabel und von Schwäche und Durcheinander geprägt. – So Tony Blair. Zum Thema Verteidigung sprach er mehrere Optionen an, insbesondere eine Verstärkung der europäischen Sicherheits- und Verteidigungsidentität innerhalb der NATO, die Auflösung der WEU und ihre Integration in die EU. Außerdem forderte Blair eine moderne und flexiblere europäische Armee.

Ob dem Premierminister seiner Majestät auch sein Freund Viktor zugestimmt hat, ist uns bislang unbekannt, meine Damen und Herren! Die Lösung allerdings, wie der Herr Bundeskanzler NATO, Neutralität, EU und unsere langsam verrostenden Streitkräfte in Einklang bringen wird, diese Lösung ist er uns bislang schuldig geblieben.

Meine Damen und Herren! All das sind Indizien für eine schlechte Entwicklung in der österreichischen Außenpolitik, vor allem aber auch auf der wichtigsten Ebene, der europäischen Ebene. Zurückzuführen ist das auf einen fehlenden Konsens innerhalb der Bundesregierung und auch auf das Fehlen einer klaren Konzeption in der Staats-, Außen- und Sicherheitspolitik. Wir Freiheitlichen werden deshalb diesen Bericht nicht zustimmend zur Kenntnis nehmen.

14.30

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Karl Drochter. – Bitte.

14.31

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Bundesrates! Den Aussagen des Kollegen Bösch, die "sehr staatstragend" waren, möchte ich nichts hinzufügen. Es kommt eben immer darauf an, aus


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite