Bundesrat Stenographisches Protokoll 646. Sitzung / Seite 90

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

schaft privatisiert, zugleich aber auch die Arbeitslosenrate mit ihren negativen sozialen Folgen dramatisch erhöht worden. Armut und Unterentwicklung haben weltweit zugenommen.

In einer Studie der Europäischen Gewerkschaftsbewegung ist man erst vor kurzem zu der erschreckenden Feststellung gekommen, daß etwa in vielen Ländern Afrikas die Bildungs- und Gesundheitssysteme weitgehend unfinanzierbar geworden sind und im Gegenzug das Ausmaß der Kinderarbeit dramatisch gestiegen ist. Eines von drei Kindern in Afrika ist heute bereits von Kinderarbeit betroffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Staatssekretärin! Mit Interesse habe ich daher das Ergebnis einer im Zeichen der österreichischen Ratspräsidentschaft abgehaltenen Konferenz von Parlamentariern und regierungsunabhängigen Organisationen aus der Europäischen Union und den Ländern des südlichen Afrika zur Kenntnis genommen, die vor wenigen Wochen hier im Hohen Haus stattgefunden hat, eine Konferenz, deren Teilnehmer vehement von der EU-Kommission gefordert haben, sozial- und wirtschaftspolitische Gesichtspunkte stärker als bisher in die Gestaltung der außenwirtschaftlichen Beziehung der Gemeinschaft einfließen zu lassen. Dies betrifft die derzeit laufenden Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit Südafrika ebenso wie die bevorstehende Neugestaltung der Lomé-Verträge.

Hier müssen klare Maßnahmen getroffen werden, die eine Bekämpfung der Wurzel von Armut und Unterentwicklung ermöglichen. Auch darin läge ein wesentlicher Beitrag zur Umsetzung der Anliegen des Weltsozialgipfels.

Der vorliegende Außenpolitische Bericht enthält auch in geraffter Form ein Kapitel zur österreichischen Entwicklungspolitik. Dabei ist positiv hervorzuheben, daß Österreich im Jahre 1997 einen wesentlichen Schritt zur Verwirklichung seiner beim Weltsozialgipfel übernommenen Verpflichtungen gemacht hat, nämlich in Form des vom Parlament beschlossenen Schuldennachlasses für einige der ärmsten Entwicklungsländer.

Diese Maßnahmen, die zum Teil auch Forderungen zahlreicher entwicklungspolitischer Organisationen in Österreich selbst gewesen sind, haben viel zur besseren Stellung unseres Landes im internationalen Bereich beigetragen und sollten durch weitere Maßnahmen auf nationaler und multilateraler Ebene weitergeführt werden. Daß das Ganze nicht anstelle von, sondern zusätzlich zum Bereich der bilateralen Projekte und Programmhilfen geschehen sollte, ist für mich – und ich glaube auch für Sie, sehr geehrte Frau Staatssekretärin – selbstverständlich.

Maßnahmen einer globalen Sozialpolitik und einer verstärkten entwicklungspolitischen Gestaltung von Handels-, Kredit- und Investitionsverträgen bedeuten letztendlich nichts anderes als die Umsetzung der Erklärung der Menschenrechte, deren 50jähriges Jubiläum wir in ihrer Gesamtheit in wenigen Tagen feiern. Artikel 26 der Charta der Menschenrechte spricht vom Recht aller Menschen auf die Gestaltung einer wirtschaftlichen und politischen Ordnung, die ihnen ein menschenwürdiges Leben sichert.

Soziale Rechte sind demnach ein unverzichtbarer Bestandteil jeder modernen Menschenrechtskultur, und durch die Gestaltung der nationalen und internationalen Rahmenbedingungen sind wir auch als Österreicherinnen und Österreicher dazu aufgerufen, sich daran aktiv zu beteiligen und mitzuwirken.

Wir werden daher dem Außenpolitischen Bericht über das Jahr 1997 gerne unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.40

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein. – Bitte.

14.41

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte, liebe Frau Staatssekretärin! (Bundesrat Mag. Gudenus: "liebe"?)  – Ja, warum nicht? Stimmt ja auch. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Darf ich auch sagen: Liebe Kolleginnen und


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite