Bundesrat Stenographisches Protokoll 646. Sitzung / Seite 93

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Arbeitsgruppen in Genf und Belgrad eingerichtet. Eine der zahlreichen Lehren aus den Balkankonflikten der letzten Jahre, die im Außenpolitischen Bericht dargestellt sind, lautet: Zur Bewältigung derartiger europäischer Krisen bedarf es der Zusammenarbeit verschiedener Organisationen, der EU, der WEU, wie zum Beispiel bei der Verwaltung von Mostar oder bei der Polizeiausbildung in Albanien, der OSZE, nicht zuletzt aber auch der NATO. – Die NATO garantiert uns sicherlich Freiheit und Frieden in Europa, und es ist sicherlich im Interesse Österreichs, auch möglichst rasch der NATO voll beizutreten. (Beifall bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Dr. Tremmel: Bravo!)

Es ist hier nicht möglich, alle Tätigkeitsbereiche der österreichischen Außenpolitik einzeln aufzuzählen. Besondere Erwähnung verdient jedoch das Verhältnis zu Rußland, dessen schwere wirtschaftliche Krise eine bedeutende Last und ein Unsicherheitsfaktor nicht nur für das Land und seine Bevölkerung selbst, sondern auch für die Verhältnisse in Europa überhaupt bedeutet. Denken wir nur an die Gefährdung der sicheren Lagerung russischer Kernwaffen! Das Hauptinteresse der EU gilt deshalb der Stabilität im Inneren des Landes und der Fortsetzung einer Politik in Richtung Demokratisierung und soziale Marktwirtschaft sowie der Schaffung effizienter staatlicher Verwaltungsstrukturen. Die Union ist sich dessen bewußt, daß die wesentlichen Anstöße zu einer Sanierung aus Rußland selbst kommen müssen und ihr selbst dabei nur eine unterstützende Rolle zukommen kann. Deshalb war es besonders wichtig, daß Außenminister Schüssel unmittelbar nach der Übernahme der Regierungsgeschäfte durch Ministerpräsident Primakov zusammen mit den beiden anderen Außenministern der EU-Troika nach Moskau gefahren ist, um dort der neuen Führung das große Interesse der EU an dieser Zusammenarbeit und der Weiterentwicklung der Beziehungen zu unterstreichen.

Dies wurde auch beim Gipfeltreffen zwischen Rußland und der EU am 27. Oktober dieses Jahres in Wien besonders hervorgehoben. Dabei sollen wir auch nie vergessen: Rußland macht zwar zurzeit eine beträchtliche Schwächeperiode durch, aber die volkswirtschaftlichen Grundvoraussetzungen wie etwa ein enormer Reichtum an Bodenschätzen und ein hoher Ausbildungsstand der Bevölkerung für eine Erholung sind vorhanden. Die EU muß deshalb die Beziehungen zu Moskau langfristig und vorausschauend planen. Dazu gehört ein breiter politischer Dialog auf allen Ebenen. Jetzt gilt es aber auch ganz konkret, etwa eine vorhandene Nahrungsmittelhilfsaktion für Rußland durchzuführen.

Daß die Präsidentschaft in ihrer Tätigkeit aber keineswegs nur auf Europa konzentriert ist, zeigt die laufend erforderliche Befassung mit Themen und Problemen aller Art. Angefangen mit den zahlreichen Krisen in Afrika, wie etwa im Kongo, in Burundi, in Äthiopien, in Angola und so weiter, über die Wirtschaftskrisen in Asien bis hin zu Koordinationsgremien mit Lateinamerika hat die österreichische Außenpolitik in diesem Jahr ein breites Feld von Maßnahmen, Stellungnahmen, Initiativen aller Art in der EU zu initiieren und zu koordinieren. In diesem Sinne bedeutet österreichische Präsidentschaft wirklich Weltpolitik, und in unserer Geschichte, in unserer Tradition sind wir ein völkerverbindender, völkerversöhnender Bestandteil Mitteleuropas.

Ein sichtbarer Ausdruck dieser universalen Bemühungen war die Konferenz der EU-Außenminister mit ihren Amtskollegen aus den SADC-Staaten, der Southern African Development Community, die sich nicht nur mit Regionalkonflikten, sondern auch mit den Fragen des Konfliktmanagements und der Konfliktprävention befaßte und die Rolle der EU bei diesbezüglichen Hilfestellungen präzisierte.

Schließlich möchte ich zum Abschluß meiner Ausführungen noch an die eben zu Ende gegangene Nahostmission des Ratspräsidenten Schüssel erinnern. Die Arbeit für Frieden im Nahen Osten ist ein besonders schmerzhafter, schwieriger und langwieriger Prozeß. Der Besuch diente deshalb einer Bestandsaufnahme nach dem Abkommen von Wye und dem Angebot europäischer Unterstützungsbemühungen sowie dem Versuch, alle Partner in ihrer Entschlossenheit zur weiteren Beschreitung des Friedensweges zu bestärken. Die EU ist der größte Wirtschaftspartner der Nahostregion. Sie leistet etwa 60 Prozent der Wirtschaftshilfe an die Palästinenser. Als Ergebnis dieses Besuches soll nun untersucht werden, ob in einem vierseitigen Treffen zwischen Israel, den Palästinensern, den USA und der EU in den kommenden Wochen einige wichtige Wirtschaftsprojekte für die Region entwickelt und weiter vorangetrieben werden können.


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