Bundesrat Stenographisches Protokoll 646. Sitzung / Seite 98

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Gleichzeitig möchte ich folgendes feststellen: Die Präsidentschaft hat zweifellos eine Steigerung der Qualität unserer Arbeit gebracht! Ich komme gerade zurück aus dem Europäischen Parlament, in dem ich sehr oft, jeweils am Mittwoch die Staatspräsidentschaft vertrete. Die Ratspräsidentschaft steht dort tatsächlich von der Früh bis am Abend den Europaparlamentariern für die verschiedensten Fragen zur Verfügung, sie reichen von der Agenda 2000 – wie gestern – über Nahost bis zum Hurrikan Mitch. Das heißt – einer der hiesigen Abgeordneten hat das auch gesagt, und ich bedanke mich dafür –, es ist tatsächlich nicht Science Fiction, sondern Weltpolitik ist Realpolitik geworden. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

Ich möchte Ihnen deshalb zuerst einen kurzen Abriß über diese Präsidentschaft geben – soweit wir das jetzt schon tun können, denn es fehlen noch die allerwichtigsten fünf Wochen. Warum sind es die wichtigsten? – Weil nun versucht wird, das, was in der Präsidentschaft begonnen wurde, Lösungen zuzuführen, die zum Teil natürlich sehr schwierig sind, da es Kompromißlösungen zwischen den 15 Mitgliedern sein müssen. Trotzdem darf ich jetzt schon sagen – das ist kein Eigenlob, sondern kommt vor allem aus der ausländischen Presse –: Die bisherige Bilanz der österreichischen Präsidentschaft ist überwiegend positiv! Das ist auch hier angeklungen.

Auch in jenen Fällen, bei denen man am Anfang glaubte, daß ein Fauxpas passiert sein könnte, wie zum Beispiel bei den Migrationspapieren, hat sich herausgestellt, daß es viele Mißverständnisse gab, die bereinigt wurden, und daß Österreich tatsächlich gute Initiativen gesetzt hat. Ich denke dabei an das Migrationspapier, ich denke sehr wohl an das Treffen von Pörtschach, auf das ich noch eingehen werde, ich denke aber auch an das Verteidigungsministertreffen, das hier angesprochen und ein bißchen mit Häme abgetan wurde, das aber hervorragende und interessante neue Ausrichtungen für die Zukunft zeigt. Denn – das möchte ich noch allgemein hinzufügen – Sie alle wissen, daß Außenpolitik Veränderungen nicht von heute auf morgen bringt, sondern es dazu immer langsam kommt, da es sehr komplex ist. Es wird aber durchaus stetig auf diesem Weg weitergegangen. – Lassen Sie mich kurz einige Highlights hervorheben.

Erstens die Erweiterung: Sie wissen, daß sich die österreichische Präsidentschaft vorgenommen hat, substantielle Erweiterungsverhandlungen durchzuführen. Dies ist uns am 10. November dieses Jahres auch gelungen, wir haben mit der sogenannten Gruppe der ersten Kandidaten tatsächlich substantielle Gespräche geführt. Dies war – das darf ich schon noch einmal hervorheben – keinesfalls selbstverständlich, denn wegen der Zypern-Frage waren einige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union nicht sicher, ob sie tatsächlich zustimmen sollten, daß in diese substantiellen Verhandlungen eingegangen wird. Es wird uns dies gerade von unseren Nachbarstaaten ganz besonders hoch angerechnet.

Aber der Beginn der substantiellen Verhandlungen heißt nicht gleichzeitig, daß wir deshalb ein "wahnsinniges" Tempo vorlegen – auch das ist heute von seiten der Opposition angeklungen. Ich betone: Jedes Land – das ist nach wie vor gültig – bestimmt den Zeitpunkt seines Beitrittes schließlich selbst, und zwar insofern, als natürlich alle Verhandlungen abgeschlossen, der Acquis tatsächlich umgesetzt und auch all jene Konditionen, die im Vorfeld gegeben sind, erfüllt sein müssen. Und das wird keineswegs im nächsten oder im übernächsten Jahr sein!

Man muß also damit rechnen, daß das selbstverständlich seine Zeit dauern wird. Wir haben auch nie ein Datum vorgegeben. Ich würde mich auch persönlich davor hüten, das zu tun, weil wir das nicht voraussagen können. Denken wir nur an unseren eigenen Beitritt und wie lange unsere Beitrittsverhandlungen gedauert haben. Wir wissen, daß wir die Agenda 2000 abschließen müssen – auch darauf will ich noch zu sprechen kommen –, wir müssen aber im Anschluß an die Agenda 2000 nach der Ratifikation des Amsterdamer Vertrages wieder mit der Institutionenreform beginnen, da in dieser Frage noch bedeutende Schritte zu tun sind.

Bezüglich der Erweiterung um die zweite Gruppe der Beitrittskandidaten – auch das ist wichtig und in der Debatte nicht angeklungen – wird beim Europäischen Rat von Wien ein Beschluß gefaßt werden, wie es weitergeht. Manche der Staaten erwarten sich ein etwas schnelleres Vorankommen, ein Aufrücken, eine Durchlässigkeit. Man wird sich dabei genau an die objektiven


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite